Einmalig in Niedersachsen: Politiker in Salzgitter beraten über drei Haushaltspläne
Der Disput des Oberbürgermeisters und der rot-grünen Ratsmehrheit um den Eckdatenbeschluss zum Haushaltsplan führt nun zu einem landesweit einmaligen Vorgang. Frank Klingebiel (CDU) hat dem Stadtrat gleich drei Entwürfe für den Etat 2014 vorgelegt. So etwas gab es so noch nie in Niedersachsen.
Um seine Lage zu erklären, zitierte Frank Klingebiel einen der größten Deutschen: Martin Luther. „Hier stehe ich und kann nicht anders“, sagte der OB und meinte damit sein eigenes Dilemma mit dem Eckdatenbeschluss, mit dem die rotgrüne Mehrheit im Juni laut Klingebiel „unverrückbare Eckpfeiler“ für den Haushaltsplan gesetzt habe und die öffentliche Wahrnehmung für mögliche Wohltaten gewinnen will. Allerdings ohne zu sagen, wie die Stadt diese bezahlen soll. Als „objektiv unmöglich“ bezeichnete der OB die Umsetzung, wenn zusätzliche Einnahmemöglichkeiten ausgeschlossen sind und er zugleich den Haushalt ausgleichen muss.
Zwar sei der Eckdatenbeschluss rechtlich nicht zu beanstanden, werde flächendeckend im Land aber anders gehandhabt. Einmalig ist nun auch die Reaktion. Um den Eckdatenbeschluss „loyal“ auszuführen, hat dre OB nun drei Vorschläge für den Etat 2014 vorgelegt.
In Variante I stünde der Verkauf von knapp der Hälfte der WEVG-Anteile an. Mit dem Erlös ließen sich die geforderten Investitionen für eine zweite IGS, Seepromenade, Erlebniswelt Gebhardshagen oder die Sanierung der Feuerwehrhäuser bezahlen. Der Stadt fehlten dann aber auch Einnahmen über die WEVG. Bis 2020 würden sich die Verluste auf 98 Millionen Euro summieren.
Bei Variante II müsste die Stadt sich das Geld für die Investitionen leihen. Der Haushalt ließe sich nicht ausgleichen, die Unterdeckung 2020 läge dann bei etwa 97,5 Millionen Euro.
Klingebiel empfiehlt deshalb in Variante III den weitgehenden Verzicht großer Ausgaben. So ließe sich der laufende Haushalt ausgleichen, 2020 wäre die Stadt dann bei einer Unterdeckung von 87,7 Millionen Euro.
Doch egal, über welchen Vorschlag die Politiker nun beraten: die Finanzlage Salzgitters ist schon jetzt dramatisch. Der Einbruch bei der Gewerbesteuer reißt im Nachtragshaushalt ein Loch von fast 41 Millionen Euro. Damit die Stadt liquide bleibt, hat der Rat beschlossen, die Kreditlinie von 220 auf 260 Millionen Euro anzuheben.
Die SPD hätte wegen des dreifachen Entwurfs gerne mit der Tradition gebrochen und schon in der Sitzung auf die Haushaltsrede des OB reagiert, doch das ließ die Verwaltung mit Verweis auf die Geschäfts- ordnung nicht zu. In einer gemeinsamen Erklärung hält die rot-grüne Mehrheit dem OB vor, in keiner der Varianten den Eckdatenbeschluss in Gänze zu berücksichtigen. Der OB wolle den Eindruck erwecken, die Forderungen seien überzogen und unrealistisch. SPD/Grüne kündigen an, alles auf den Prüfstand zu stellen und einen Haushalt zu beschließen, den der OB umzusetzen habe.