„Die Arbeit hat von Anfang an Spaß gemacht“ – Gifhorns scheidende Landrätin im Interview
Die Amtszeit von Marion Lau, Landrätin des Landkreises Gifhorn, endet am 31. Oktober. 13 Jahre lang lenkte sie die Geschicke des Kreises, erlebte Höhen und Tiefen und kann nun den Blick zurück auf einen ereignisreichen Abschnitt ihres Lebens lenken. Grund genug für hallo Gifhorn, der noch amtierenden Landrätin einen Besuch abzustatten. Mit Marion Lau sprach Redaktionsleiter Christoph Fricke.
Seit 2001 waren Sie Landrätin. Nun endet Ihre Amtszeit. Wie geht es Ihnen im Endspurt?
Marion Lau: Das ist schon ein bisschen komisch. Ich räume mein Büro auf, habe aber auch noch viel zu tun. Ich habe diese Arbeit gern gemacht, darum ist es jetzt nicht ganz einfach für mich.
Sie haben bei Ihrer ersten Wahl im ersten Durchgang weniger Stimmen bekommen als der damalige Amtsinhaber Dr. Klaus Lemke. Hatten Sie dennoch den Erfolg erwartet?
Marion Lau: Ich habe damals kandidiert, weil ein anderer Aspirant abgesprungen war. Ich war Abgeordnete in Hannover, wollte aber nicht mehr in den Landtag. Die Bildungspolitik mit Abschaffung der Orientierungsstufe passte mir nicht. Ich sagte mir, wer nichts wagt, der nicht gewinnt – und ich wollte gewinnen. Allerdings ist mir erst nach dem zweiten Wahlgang ganz klar geworden, was passiert war. Erstmals war ich ja Verwaltungschefin und erste Repräsentantin des Kreises. Das sind zwei Fulltime-Jobs.
Wie groß war dann 2006 die Befürchtung, nicht wiedergewählt zu werden?
Marion Lau: Die Arbeit hat mir von Anfang an Spaß gemacht. Es war toll, im Zusammenspiel von Politik und Verwaltung letztere mit passender Technik auszustatten und sie zu einer modernen Dienstleistungseinrichtung zu machen, auch wenn das nicht gerade Wellness war. Ich hatte keine Angst zu verlieren, weil ich gut gearbeitet hatte und geblieben bin wie ich war. Außerdem gab es Bestrebungen, die Verkehrsgesellschaft VLG zu privatisieren, diesen Kampf wollte ich zu Ende bringen.
Sie waren in Niedersachsen eine der wenigen Frauen im Amt des Landrats. Haben Sie manches anders gesehen als ihre männlichen Kollegen?
Marion Lau: Ja, ich hatte in manchem einen anderen Blick. Nicht so wie die Männer hatte ich keine Furcht, mir blaue Flecken zu holen. Man muss sich selbst treu bleiben und vor allem verlässliche Wegbegleiter haben. Mit den männlichen Kollegen hatte ich immer ein offenes und faires Miteinander. Und ich als Frau konnte meine Wünsche stets mit Charme verpacken, das hilft.
War es nützlich, zuvor im Landtag gesessen zu haben?
Marion Lau: Meine politischen Ämter vor der Wahl waren ein großer Vorteil. Ich war ja seit 1983 Kreistagsmitglied und kannte die Kreisverwaltung. Inhaltlich fit war ich, weil ich im Landtag beide Wahlkreise hier im Kreis betreut habe.
Was war die größte Herausforderung Ihrer gesamten Amtszeit?
Marion Lau: Das war sicherlich die Notwendigkeit, zu einem ausgeglichenen Haushalt zu kommen. Wir hatten die Rote Laterne des Städte- und Gemeindebundes erhalten. Es ist schrecklich, wenn man gestalten will, aber das Geld fehlt. Und ich wollte nicht da enden, wo Helmstedt und Lüchow-Dannenberg heute stehen. Ich darf dankbar sein, dass die Politik im Kreis Gifhorn das mitgetragen hat.
Was bewerten Sie in der Rückschau als Ihren größten Erfolg?
Marion Lau: Wir haben es gemeinsam geschafft, neue Wege zu gehen. Wir steckten im Sparkorsett und haben uns dennoch nicht vom Wunsch abbringen lassen, es gut hinzubekommen. Vielleicht haben wir dabei nicht immer deutlich genug gemacht, welche Verantwortung in dieser Verwaltung getragen wird. Aber wir brauchen uns nicht zu verstecken. Trotz der Fülle an Pflichtaufgaben haben wir im Kreis vieles an Freiwilligem realisieren können. Ob Pflegestützpunkte, Familienservicebüros, Schulentwicklungskonzept, Jugend- und Sozialarbeit oder das Kreisentwicklungskonzept – all das ist gut und wichtig. Wir sind ein Wohlfühllandkreis zwischen Hightech und Heide geworden, und das natürlich mit Kultur.
Welche Perspektiven hat der Landkreis in der Zukunft?
Marion Lau: Er hat gute Perspektiven. Aber es darf keinen Stillstand geben. Das Kreisentwicklungskonzept muss stetig überarbeitet werden, eine Hilfe dabei ist das Demografie-Monitoring. Nur so kann der Landkreis am Ball bleiben.
Das Verhältnis des Landkreises Gifhorn zur Stadt Wolfsburg war immer ein besonderes. Wie haben Sie das empfunden?
Marion Lau: Ich habe nie ein Problem mit Wolfsburg gehabt. Die Stadt hat eben das, was wir nicht haben. Wir ergänzen uns gegenseitig und das ist gut so. Interkommunale Zusammenarbeit ist ein Beispiel für fruchtbare Kommunikation. In meinen Augen ist die Stadt Wolfsburg kein Konkurrent für uns, sondern ein Partner, mit dem man sich ergänzen kann.
Wie ließe sich das Verhältnis noch optimieren?
Marion Lau: Vorweg gesagt: Ein offenes Gespräch mit Oberbürgermeister Klaus Mohrs war immer möglich, das hat mich gefreut. Die interkommunale Zusammenarbeit ließe sich natürlich noch verbessern. Zum Beispiel müssen wir das Thema Berufsschulen angesichts des demografischen Wandels gemeinsam angehen, denn diese sind immens wichtig, um junge Menschen, bei denen es gerade nicht so läuft, aufzufangen. Da müssen wir partnerschaftlich vorgehen.
Wie stehen Sie persönlich zum Thema Fusion mit Wolfsburg?
Marion Lau: Da sage ich Nein. Dass VW einen alleinigen kommunalen Ansprechpartner in der Region brauche, ist für mich kein Argument. Wolfsburg hat eine andere Ist-Situation. Kommunale Probleme löst man nicht, indem man fusioniert. Notwendig ist ein verlässlicher Finanzausgleich.
Nun gehen Sie am 1. November in den Ruhestand. Wie wird Ihr Leben dann aussehen – mit Politik oder ohne?
Marion Lau: Es wird auf jeden Fall spannend. Politik wird künftig keine große Rolle mehr spielen, auch wenn ich natürlich ein politischer Mensch bleiben werde. Meine Familie und Freunde sind sehr lebhaft und nun habe ich endlich mehr Zeit für Dinge, die sonst eher zu kurz kamen. Die Wittinger Tafel braucht Unterstützung und auch im Sozialen Kaufhaus „Das Henry’s“ in Wittingen will ich mich gern einbringen. Bei meinen Enkeln bin ich die Vorlese-Oma und nach Schweden wird es meinen Mann und mich noch mehr ziehen. Außerdem werde ich Altsaxofon bei der Feuerwehr in Knesebeck lernen und mich natürlich um meinen Garten viel mehr kümmern.
Dann wünscht hallo Gifhorn alles Gute für den unruhigen Ruhestand.