Upcycling: Den Dingen ein neues Leben geben
Gifhorn. „Ich war früher mal eine Dose“ – mit diesem eingängigen Werbeslogan warb die Weißblechindustrie schon in den 80ern fürs Recycling. Dieses Prinzip kreativ umgesetzt läutete jetzt einen neuen Trend ein. Das Upcycling, Downcycling, Trashcycling, Recycling oder gar Re-Design und Re-Use – die Begriffe variieren, doch in der Sache geht es um Dasselbe.
Der Begriff „Upcycling“ beschreibt einen Prozess, bei dem aus scheinbar wertlosen Abfallmaterialien mittels kreativem Prozess höherwertige Produkte entstehen. Im Gegensatz zu Recycling wird etwas komplett Neues geschaffen. Oder: Dingen ein zweites, schöneres Leben gegeben. So werden aus Herrenhosen schicke Damenjacken, aus alten Weinflaschen und historischen Bügeleisen werden einzigartige Lampen oder aus alten Wärmflaschen und Fußbällen werden kreative Taschen.
Im Gegensatz zum Recycling wird der Wert von Materialien durch die Verarbeitung gesteigert – daher „Upcycling”. Upcycling schafft Einzelstücke mit speziellem Charme.
Dies ist ein Trend, der unter jungen Designern, Erfindern und kreativen Köpfen immer mehr Anhänger findet und besonders stark in Deutschland, Österreich und in der Schweiz vertreten ist. Doch was bringt die jungen Kreativen dazu, alten Dingen ein neues Leben einzuhauchen. Viel Geld zu verdienen dürfte es nicht sein, denn meist ist die Herstellung ziemlich teuer. Zudem muss lange getüftelt werden, damit das neue Produkt praktikabel und finanzierbar ist.
Die Idee aus Tansania mitgebracht
Einer, der sich an diesen langen Weg getraut hat, ist der Gifhorner Ingo Dansberg. Er ist auf die Idee gekommen aus alten LKW-Reifen, stylische Taschen herzustellen. „Auf einer beruflichen Reise durch Tansania habe mich mit dem Leiter einer nicht staatlichen Organisation über die Arbeitsmöglichkeiten für Schulabgänger in Tansania unterhalten. Es gibt wenig Firmen in Tansania mit vielen Arbeitsplätzen und viele Tansanier sind täglich auf der Straße unterwegs und arbeiten quasi ständig in Mini-Jobs. In einer Pause an einer Tankstelle habe ich dann einen großen Haufen kaputter Lkw-Schläuche gesehen und gefragt was sie damit machen. „Verbrennen – sie können sie nicht gebrauchen“, war die Antwort. Ich habe mich dann daran erinnert, dass es mal eine kleine Firma in Neuseeland gab, die aus Reifen Schuhsohlen hergestellt hat. Ich habe dann die Schläuche befühlt und fand das Material erstaunlich geschmeidig und sehr beständig. Nur ein kleiner Teil war so beschädigt, dass er nicht mehr nutzbar war.“
Kreatives, gestalterisches Arbeiten macht mich glücklich
Die Vorraussetzungen um die Taschen in Tansania herzustellen sind noch nicht so weit, doch der Gedanke ließ Dansberg nicht mehr los. In Deutschland wollte er dann probieren, wie man die Idee umsetzen kann, um die Schritte nach Tansania weiterzugeben. „Ich habe vieles mit Altschläuchen ausprobiert und habe die Taschenproduktion Schritt für Schritt geprüft und entwickelt. Für die erste verkaufsfähige Tasche habe ich zirka zehn Monate gebraucht. Aber ich habe die Hürden und Herausforderungen auf der Arbeitsebene genossen, so gut es ging, denn wenn es einfach wäre, hätte es schon jemand anders gemacht.“ Beim kreativen Arbeiten mit dem Grundmaterial Lkw-Schlauch in Kombination mit anderen Produkten aus dem Transsportbereich hat der Desinger eine neue Seite an sich kennengelernt: „Ich merkte die Energie und Leidenschaft, die ich trotz meiner normalen 40-Stunden-Woche noch dafür hatte und da dachte ich: „Hey, kreatives, gestalterisches Arbeiten macht mich gerade glücklich.“
Und er kann solz sein auf seine Erfindung: Nach vielen Stunden Arbeit werden Unikate mit einer sehr guten Öko-Bilanz hergestellt. Vertrieben werden die Taschen auf Kleinkunstmärkten in Südniedersachen. Und auch im Internet auf www.2-use.de sind die Produkte aus dem Upcycling Bereich erwerbbar.
Für Ingo Dansberg, der mit seiner Familie in Göttingen lebt, ist hier auf alle Fälle noch nicht Schluss. Er träumt davon, ein ausgedientes Flugzeug komplett zu Möbeln, Taschen, Werkzeugen und sonstigen Accesoires zu verwerten. „Als kleines Projekt erstelle ich demnächst etwas aus Computertastaturen, was, verrate ich noch nicht“.
Nicole Schröder