BISS-Beratungsstelle Peine: HIlfe bei häuslicher Gewalt
Susanne Gramcko leitet die Peiner BISS-Beratungsstelle.

BISS-Beratungsstelle Peine: HIlfe bei häuslicher Gewalt

Peine. Gewalt gegen Frauen wird überwiegend durch Partner oder Ex-Partner und im häuslichen Bereich verübt. Doch viele Betroffene sprechen mit niemandem darüber. Scham und Angst vor Gerede oder weiteren Übergriffen hemmen sie, ihre Rechte einzufordern und Hilfe zu suchen. „Manche erklären auch, sie möchten sich der Kinder wegen nicht trennen“, erzählt Susanne Gramcko. Sie ist Diplom-Sozialpädagogin und leitet die Peiner Beratungsstelle BISS, eine Anlaufstelle für Frauen, die von seelischer und körperlicher Gewalt, Trennung oder Beziehungsproblemen betroffen sind.
Laut einer repräsentativen Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend haben 25 Prozent der in Deutschland lebenden Frauen Gewalt durch aktuelle oder frühere Beziehungspartner erlebt (häusliche Gewalt). Besonders gefährdet sind laut wissenschaftlicher Erkenntnisse Frauen, die sich von ihrem Partner trennen oder scheiden lassen wollen sowie Frauen, die bereits in ihrer Kindheit Gewalt erlitten haben. Susanne Gramcko kennt aus ihrer Berufspraxis aber noch andere Gründe: „Zum Beispiel wenn Frauen  kompetenter als Männer sind, vielleicht weil sie mehr verdienen als der Mann. Dann kann es vorkommen, dass Männer denken, ihre Rolle als der Starke sei gefährdet. Das versuchen sie, durch Gewalt zu kompensieren“. Zuerst komme es zu Abwehrstrategien durch psychische Gewalt, die dann bis hin zu körperlichen Übergriffen reichen. Dass häufig psychische Gewalt im Spiel ist, verdeutlicht auch die oben genannte Studie: Bereits 42 Prozent der in Deutschland lebenden Frauen haben psychische Gewalt erlebt. Dazu gehören Einschüchterung, Verleumdungen, Drohungen und Psychoterror.
„Häusliche Gewalt zieht sich durch alle gesellschaftlichen Schichten und Altersgruppen“, weiß Susanne Gramcko aus ihrer Berufspraxis. Es zeige sich aber, dass auch  immer mehr jüngere Frauen ab 18 Jahren von häuslicher Gewalt betroffen sind. Die gesundheitlichen Folgen sind vielfältig. Sie reichen von psychischen Beschwerden wie Depressionen, Ängsten oder Selbstmordgedanken bis hin zu körperlichen  Verletzungen wie Hämatome, Prellungen oder Brüche. „Hinzu kommt, dass Sozialkontakte der Frau häufig von Seiten des Mannes unterbunden werden, um besser über die Frau verfügen zu können und zu verhindern, dass die Frau ihre Situation bei Freundinnen und Verwandten öffentlich macht“, berichtet die BISS-Beraterin.
Doch wie lässt sich dieser Teufelskreis durchbrechen? Seit 2002 gibt es in Deutschland ein Gewaltschutzgesetz. Personen, die häusliche Gewalt ausüben, können von der Polizei für bis zu zwei Wochen aus ihrer häuslichen Umgebung verwiesen werden. Die Frau bleibt (mit ihren Kindern) zu Hause. Sie hat die Möglichkeit, einen Antrag nach dem Gewaltschutzgesetz zu stellen. Das Familiengericht prüft diesen zügig und kann verfügen, dem Mann sechs Monate lang ein Betreten der gemeinsame Wohnung zu verbieten.
Erfolgte in Peine ein Polizeieinsatz aufgrund von häuslicher Gewalt, geht zeitnah ein Bericht an die zuständige BISS-Beratungsstelle. Susanne Gramcko nimmt dann Kontakt zur betroffenen Frau auf. Diese hat die Möglichkeit, vertraulich über ihre Gewalterfahrungen zu sprechen und sich kostenfrei über die rechtlichen Möglichkeiten des Gewaltschutzes beraten zu lassen. „Es ist erst einmal viel, was nach einer Gewalterfahrung auf eine Frau einprasselt“, sagt sie. „Ich höre zu, gebe Informationen und zeige mögliche Wege auf, es ist aber alles freiwillig“. Die Beratung kann im Peiner BISS-Büro oder telefonisch erfolgen. Zusammen mit der Sozialarbeiterin wird überlegt, welche nächsten Schritte die Besten sind und wie diese eingeleitet werden. Auch Unterstützung bei der Zusammenarbeit mit Anwältinnen und Gerichten bietet sie an sowie bei Bedarf einen Kontakt zum Traumanetzwerk Niedersachsen, das in Braunschweig eine Beratungsstelle unterhält.
Manche Frauen möchten lieber ins Frauenhaus gehen, da sie sich dort sicherer fühlen. Zudem bietet das Frauenhaus Unterstützung im Umgang mit Diensten, Ämtern und Behörden an, sodass sich eine Frau in der schwierigen Situation nicht allein gelassen fühlt. Eine dritte Ausweichmöglichkeit ist der vorübergehende Aufenthalt bei Freunden, Bekannten oder Verwandten.
Es sind übrigens nicht  nur Männer, die Gewalt ausüben. Auch Männer können betroffen sein. Doch ein Mann, der von seiner Frau verprügelt wird, passt schlecht ins gesellschaftliche Rollenklischee. Genaue bundesweite Zahlen fehlen daher. Die Pilotstudie „Gewalt gegen Männer“, die im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend entstand, geht von fünf bis zehn Prozent betroffener Männer aus. Es besteht die Vermutung, dass Männer über die ihnen widerfahrene Gewalt überwiegend schweigen.