Notbetrieb und Stillstand in Salzgitter Läden
Bieten einen Notbetrieb in Salzgitter-Bad an: Augenoptikermeister Jürgen Wetter und seine Angestellten Iris forch und Lea Peter lassen sich auch vom Corona-Virus die gute Laune nicht verderben. Foto: Rudolf Karliczek

Notbetrieb und Stillstand in Salzgitter Läden

Salzgitter​. Das Corona-Virus ist zwar für das menschliche Auge quasi unsichtbar, aber die Folgen seiner Verbreitung machen sich allerorten bemerkbar. Vor allem beim Besuch der nahezu menschenleeren Innenstädte werden die Auswirkungen deutlich. Viele Läden bleiben geschlossen, ihre Inhaber und Betreiber müssen nun sehen, wie sie mit der Situation klar kommen und wie diese ungewisse Zeit überstehen.

Augenoptiker Jürgen Wetter in Salzgitter-Bad bietet noch einen Notbetrieb für Reparaturen und Ersatzteilservice an. Drei Stunden täglich öffnet er den Laden in der Innenstadt, einen Brillenverkauf oder eine Augenglasbestimmung gibt es aber nicht. Immer Montags und dienstags sowie donnerstags und freitags jeweils von 15 bis 18 Uhr sowie mittwochs und samstags von 9 bis 12 Uhr wechselt er sich mit seinen Mitarbeitern ab.

„Das ist ein Riesenverlust“, sagt Jürgen Wetter, der sich nicht ausmalen möchte, sollte sich die Krise noch Monate hinziehen. Drei Wochen ließe sich so ein Zustand verkraften, danach werde es schwierig. „Die Kosten laufen alle weiter“, sagt der Meister, der aber „keine Panik schieben“ will. Noch fehlen ihm genaue Auskünfte, die hofft er nächste Woche von der Innung oder Handwerkskammer zu bekommen. „Die Lage ändert sich ja noch täglich.“

Bei Silvia Bormann sieht das etwas anders aus. Seit 45 Jahren betreibt sie Bormanns Laden in Baddeckenstedt, Hilfskredite kommen für die 75-jährige Inhaberin in ihrem Alter nicht mehr in Frage. Wegen der Postagentur  ist sie auch jetzt täglich im Geschäft. Ein Landeszuschuss von 9.000 Euro könnte ihr in den nächsten drei Monaten helfen.

Der Umsatz bei den Reisen, die sie auch verkauft, tendiert dagegen gegen Null. Einige Kunden buchen um, verschieben ihre Tour auf den Herbst oder ins nächste Jahr, doch die meisten wollen ihr Geld zurück, berichtet Silvia Bormann. Das ist für sie ein herber Schlag ins Kontor. „Vor einem Jahr hatten wir erst die Thomas-Cook-Pleite, da dachte ich noch, es könnte nicht schlimmer kommen.“

Aber nicht nur bei den Flugreisen herrscht Stillstand, bei Kurt Rühe in Liebenburg bleiben seit knapp zwei Wochen alle Busse auf dem Hof stehen. „Ich weiß nicht, wie es weitergeht“, räumt der Firmenchef ein, der den Familienbetrieb in dritter Generation führt. Er hat keine Einnahmen mehr, stattdessen muss er den Kunden die Kosten für die stornierten Reisen erstatten und wartet zugleich noch auf Geld, das er schon Hoteliers überwiesen hat. Sonst hat er 600 bis 700 Buchungen, jetzt ist niemand unterwegs.

Die Botschaften über mögliche Finanzhilfen sind für Kurt Rühe „eher noch vage“. Er hat erstmal gehandelt, die Busse sind abgemeldet, die Fahrer befinden sich in Kurzarbeit. Der Inhaber ist froh, gut gewirtschaftet zu haben, so könnte er den April und Mai überstehen. Sollte die Krise noch länger dauern, müsste er wohl den Betrieb still legen, sonst könnte eine Insolvenz drohen. Bei allen Sorgen über Corona und die Auswirkungen will Kurt Rühe die Freiräume auf andere Weise nutzen. Er habe nun mehr Zeit für den Enkelsohn und den Garten.

„Wirtschaftlicher Supergau“

Die Not vieler Betriebe und Geschäfte wird auch im Rathaus gesehen. Oberbürgermeister Klingebiel hält die Folgen der Corona-Krise als viel schlimmer ein als die der Finanzkriese 2008: Sie treffe mit voller Wucht Industriebetriebe und Mittelstand, das Handwerk, große Teile des Einzelhandels, Bars, Hotel- und Gastronomiebetriebe, die Reiseverkehrsbranche, die Landwirtschaft und vieles mehr. „Es ist der wirtschaftliche Supergau.“   Der Oberbürgermeister Frank Klingebiel sieht die Bundesregierung und die Landesregierung in der Pflicht, fordert mehr als Steuererleichterungen, zinsfreie Stundungen, Bürgschaften und Kreditprogramme. Das Geld müsse in den Kassen der von der Existenz bedrohten Betriebe „unbürokratisch und dauerhaft“ ankommen. Frank Klingebiel verspricht: „Wir werden Salzgitteraner Unternehmen soweit möglich durch Maßnahmen wie Gewerbesteuerstundung oder Herabsetzung der entsprechenden Vorauszahlungen unterstützen. Entscheidend wird aber der Umfang und die Schnelligkeit von Staatshilfen für die gesamte Wirtschaft auch in Salzgitter sein.“