Gifhorn: Bunte Trachten und Gesang
Von Jörn graue
Landkreis Gifhorn. Farbenfrohe Trachten und viel Musik: Der Chor „Melodie“ der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland wird bei Gifhorn International am heutigen Samstag gleich in vier verschiedenen Sprachen singen: Kasachisch, Ukrainisch, Russisch und Deutsch. Der Bühnenauftritt ist von 14.10 bis 14.30 Uhr vorgesehen. Auf der Ständemeile gibt es Informationsmaterial zu Geschichte und kulturellen Besonderheiten dieser Länder.
Die musikalische Leiterin Maria Fischer und die Chorvorsitzende Ludmilla Kok haben zusammen mit den 22 Mitgliedern nach Stücken gesucht, die einen möglichst weit gefassten Einblick in die Lebenskultur der vier Staaten versprechen. Gesungen werden ein traditionelles Hochzeitslied aus Kasachstan, eine Liebeserklärung aus der Ukrainie, ein Volkslied aus Russland und ein bekanntes Stück aus Norddeutschland. Außer den Liedern spielt die Optik der Sänger eine entscheidende Rolle: Die handgefertigten Trachten, die ausschließlich zu besonderen Anlässen getragen werden, liefern sichtbare Einblicke in die traditionellen Festkulturen der einstigen Sowjet-Länder. So fallen die bestickten Blusen und kunstvoll ins Haar gesteckten Blumen beim ukrainischen Gewand ebenso ins Auge wie die blau-weißen Musterungen der kasachischen Tracht.
Der Vorsitzende der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland in Gifhorn, Emanuel Kaufmann, kam mit Ehefrau Anna im Oktober 1993 in Westerbeck an. Lediglich 25 Kilo Gepäck durften beide aus ihrer einstigen Heimat, dem Gebiet Altai in Süd-West-Sibirien, mitbringen. „Zunächst dachten wir, wir müssten unter freiem Himmel schlafen“, erinnert sich der Berufskraftfahrer an eine Reise ins Ungewisse. Doch es sollte anders kommen: „Verwandte hatten für uns eine Wohnung gesucht und auch von den damaligen Nachbarn in Westerbeck wurden wir sehr gut empfangen“, erzählt das Ehepaar.
Wenn Maria Fischer an ihre Ankunft mit den Eltern im Landkreis Gifhorn im Mai 1995 zurückdenkt, fallen ihr sofort die blühenden Rapsfelder ein. Trotz eines mit damals 21 Jahren bereits abgeschlossenen Musikstudiums gelang es ihr nicht, eine Anstellung als Lehrerin zu finden. „Man musste in dem neuen Umfeld schon etwas beweisen“, beschreibt die Mutter von zwei Kindern ihre einstigen Empfindungen ohne jeden Groll.
Aktuell leitet sie zusätzlich zu dem Chor „Melodie“ noch den Frauenchor Wesendorf und den Männerchor Hankensbüttel. „Gleich drei Fischer-Chöre“, sagt Ludmilla Kok lächelnd. Sie kam ebenfalls 1995 nach Deutschland und fühlte sich nach eigenen Angaben von Beginn an als Heimkehrer und ist stolz Gifhornerin zu sein. „Wir Deutschen aus Russland können immer zwei Kulturen zeigen“, sagt sie.
❱❱ Der Chor „Melodie“ probt immer mittwochs um 19.30 Uhr in der Grundschule Am Lerchenberg in Wesendorf. Frauen und Männer mit Lust am Gesang sind jederzeit willkommen.