Großer Rundblick Abgeordneten- Check

Großer Rundblick Abgeordneten- Check

Kreis Gifhorn. Niedersachsen hat gewählt, Rot-Grün hat knapp das Rennen gemacht. Drei Kandidaten aus dem Kreisgebiet haben den Sprung in den Landtag geschafft. Der Gifhorner Rundblick fragte die frisch gewählten Abgeordneten nach ihren Plänen für die kommenden fünf Jahre.

Horst Schiesgeries (Mitte) ist der Neuling aus Gifhorn im Landtag. Detlef Tanke und Ingrid Klopp sind dagegen "alte Hasen".

Gifhorn kann sich jedenfalls als Wahlsieger fühlen, denn in Hannover ist der Kreis mit drei Abgeordneten überproportional vertreten. Im Norden hat Ingrid Klopp (CDU) das Rennen vor Klaus Schneck (SPD) gemacht. Im Süden erhielt Horst Schiesgeries (CDU) das Direktmandat vor Detlef Tanke (SPD), der über die Liste einzieht.

 

Horst Schiesgeries:
Neuling mit Bodenhaftung
Holte seinen Wahlkreis im ersten Anlauf

Er ist zum ersten Mal bei einer Landtagswahl angetreten und hat gleich das Direktmandat erhalten. Der Müdener Ortsbürgermeister Horst Schiesgeries (CDU) betritt in Hannover Neuland. Als Polizist weiß er genau, wo in mancher Ländersache der Schuh drückt.

„Meine Kollegen würden es mir verübeln, wenn ich das Thema Polizei vergesse“, sagt Schiesgeries, der vor kurzem noch seinen Polizeidienst an der Basis versah: „Ich bin nicht so ein theoretischer Polizist“, beschreibt er sich selbst. Abgesehen von der Raumnot der Gifhorner Polizei mit der intern als „Mutterbau“ bezeichneten Dienststelle an der  Hindenburgstraße, müsse dringend die Personaldecke bei den Gesetzeshütern verbessert werden. „Die Belastungen, zum Beispiel bei Fußballspielen, sind enorm hoch und gleichzeitig haben die Kollegen immer schlechtere Aussichten auf einen beruflichen Aufstieg.“

Schiesgeries bringt nicht nur Defizitberichte mit nach Hannover: „Die demografische Entwicklung erfordert, dass es ausreichend altersgerechte Wohnungen und Angebote für betreutes Wohnen gibt.“ Seine Heimatgemeinde  Müden sei mit dem Holzenhof in dieser Hinsicht gut gerüstet, auch aus der Samtgemeinde Meinersen habe er viele zufriedene Stimmen gehört. „Es wäre wünschenswert, dass wir in ganz Niedersachsen eine so gute Versorgung erreichen.“

Beim Thema demografischer Wandel will Schiesgeries mit dem Wohlfühlfaktor in der ländlichen Region punkten: „Mein Streben in der Politik ist dafür zu sorgen, dass die Menschen am Schluss sagen: gut, dass ich hier wohne. Dazu gehören gute Bildung, Betreuung für Kinder und Familienfreundlichkeit insgesamt, sichere Arbeit und nicht zuletzt ein gutes Freizeitangebot.“ Gerade in den Vereinen sieht Schiesgeries das Herz der Gemeinden: „Es muss Vereine geben, in denen es sich lohnt, ehrenamtlich zu arbeiten. Das Ehrenamt hat für mich einen sehr hohen Stellenwert.“

Nachbesserungsbedarf sieht der Müdener beim Radwegenetz: „Bei unseren Nachbarn in Celle sieht das Netz viel besser aus. Das ist leider häufig zu sehen, wenn man die Kreisgrenzen überquert.“ Der Ausbau müsse nicht zwangsläufig teuer sein – der Weg von Gifhorn über Wilsche und Bokelberge nach Müden sei mit einfachen Mitteln gemacht, einem gestreuten Deckmaterial, das sich durch Benutzung und Wetter immer weiter verdichtet. „Diese Strecke wird sehr gut angenommen.“

Insgesamt sieht der Neue im niedersächsischen Landtag den kommenden Jahren positiv entgegen: „Ich freue mich auf die Arbeit in Hannover, ich bin sehr motiviert.“

Detlef Tanke: Alter Hase mit Minister-Ambitionen
Über einen Listenplatz zum Minister?

Der Hillerser Detlef Tanke  (SPD) kennt sich im Landtag in Hannover bestens aus. Schon in den vergangenen Legislaturperioden hatte er hohe Positionen in der SPD-Fraktion inne, musste allerdings die Oppositionsbank drücken. Jetzt ist sogar ein Landesminister-Posten drin. Aber: „Noch sind wir in den Koalitionsverhandlungen nicht zu den Personalentscheidungen gekommen“, erklärt Tanke. Welche Rolle er in der neuen rot-grünen Regierung spielen wird, ist also noch offen.

Bildungspolitik ist Landessache, hier setzt Tanke Schwerpunkte: „Die Abschaffung der Studiengebühren ist ein gemeinsames Ziel“, erklärt der „alte Hase“ im Landesparlament. Außerdem wolle die SPD bald ein Gesetz auf den Weg bringen, das die derzeitige Behinderung von Gesamtschulen beendet. „Es sollte möglich sein, auch mit vier Klassen in einem Jahrgang eine IGS zu betreiben, in Einzelfällen auch dreizügig.“

Dass die zweite IGS im Kreis nun in der Stadt Gifhorn entsteht, begrüßt der Abgeordnete. „Es soll so viele Gesamtschulen geben, wie die Eltern haben möchten“, so seine einfache Formel. Dies sei keinesfalls ein Angriff auf die Gymnasien: „Da gilt dasselbe – der Elternwunsch ist entscheidend.“

Ein Dauerthema für Gifhorn ist die Situation der Polizei. „Es ist eine unserer vorrangigen Aufgaben, die Raumnot der Polizei zu entschärfen und die Arbeitsbedingungen insgesamt zu verbessern.“

Eine der größten Baustellen ist die Frage nach der Energie der Zukunft: „Wir müssen die Energiewende auf Länderebene umsetzen. Zum Beispiel müssen wir entscheiden, wo die Stromleitungen von der Küste in den Süden verlaufen sollen. Da ist noch eine Menge Arbeit zu tun. Außerdem müssen wir die neuen Energien forcieren und moderne Technik bei der Stromübertragung einsetzen. Zum Beispiel muss die Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung flächendeckend zum Einsatz kommen. Im Gegensatz zum herkömmlichen Wechselstrom entstehen dabei kaum Leistungsverluste.“ Außerdem favorisiert Tanke die Erdverkabelung, also unterirdische Stromleitungen statt hoher Masten: „Mir würde da schon ein Unternehmen aus der Region einfallen, das diese Arbeiten günstig erledigt.“

Detlef Tanke war ein Wahlkampf-Zugpferd im „Team Weil“, wurde zwischenzeitlich auch als designierter Umweltminister gehandelt. Den Posten werden aber voraussichtlich die Grünen nach ihrem guten Ergebnis für sich beanspruchen. Dass er das Direktmandat Horst Schiesgeries überlassen musste, stört Tanke, der über die Landesliste eingezogen ist, wenig: „Ich konnte mich im Verlgeich zur letzten Wahl deutlich steigern, das empfinde ich nicht als Niederlage.“

Ingrid Klopp: Will Frau zum Anfassen bleiben
Seit zehn Jahren in Hannover dabei

Sie hat es wieder geschafft und konnte Konkurrent Klaus Schneck das Direktmandat abluchsen: Ingrid Klopp (CDU) zieht zum dritten Mal in den Landtag ein. Ob dies für sie etwas ändert? „Ich werde immer das bleiben, was ich bin: Eine Frau zum Anfassen“.

Die A39 werde sie ebenso weiterhin vorantreiben wie den Ausbau des Radwegenetzes; als Beispiele nennt sie die Strecken von Zicherie nach Croya und von Radenbeck nach Wittingen.

„Das, was ich auf den Weg gebracht habe, möchte ich auch umsetzen. Wenn man anfängt, muss man sich auch bis zum Ende kümmern“, so ihr Credo, das sie auch anderen Politikern ans Herz legt.

Um das zu erreichen, möchte sie wieder in den Ausschuss Landwirtschaft und Umwelt, dessen Mitglied sie auch schon vor  der für sie persönlich erfolgreichen, für die Landespartei aber bitteren Wahl war.

Bei der Umsetzung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes legt Klopp ihre Schwerpunkte auf energetische Sanierung und Windkraft: „Wer über ein Gebäude mit alter Bausubstanz verfügt, kann auf Fördermittel vom Bund zugreifen.“ Diese werden über die Samtgemeinden an die Kommunen weiteregegeben und gelangen so zum sanierungswilligen Bürger.

Bei der Erzeugung klimafreundlicher und erneuerbarer Energie drängt Ingrid Klopp auf eine zügige Ausweisung von Windkraftgebieten: „Da ist der Zentralverband Großraum Braunschweig in der Pflicht, die sollen sich jetzt mal auf die Socken machen.“ Mit Hilfe von Bürgerwindparks könne die Politik die Menschen bei der Energiewende direkt ins Boot holen, ein Konzept, für das Klopp sich einsetzen möchte.

Erfolge sieht sie in den Dorferneuerungsprogrammen, auch wenn es noch Luft nach oben gebe: „Manche Programme sollten verlängert und neue Ortschaften aufgenommen werden.“

Einen besonderen Stellenwert hat die Jugend für die siebenfache Großmutter. „Ich werde den Ausbau der Ganztagsschulen weiterbringen und werde weiter beim Landkreis und dem öffentlichen Personennahverkehr bohren, um hier Verbesserungen zu erzielen.“ Für den Ausbau von Krippen und Kitas stünden noch Gelder zur Verfügung, die sie unter anderem ins Boldecker Land fließen lassen möchte.

Auch mit Blick auf die neue Landesregierung betont Ingrid Klopp ihre Offenheit: „Wenn es um das Wohl der Bürger geht, müssen wir auch über Partei­grenzen hinaus zusammenarbeiten. Hier im Kreis Gifhorn pflege ich echte Freundschaften mit Bürgermeistern und anderen Politikern, egal welches Parteibuch sie haben“.