Landkreis Gifhorn wird zur Seenplatte
Landkreis Gifhorn. Solche Wassermassen hat der Kreis lange nicht abbekommen: In der vergangenen Woche schütteten die Wolken so viel Regen aus, dass die Kanalisation zum Teil überfordert war. Flüsse und Bäche traten über die Ufer und verwandelten Wiesen und Straßen in Seenplatten.
Am vergangenen Sonntagnachmittag kam die Feuerwehr nicht mehr zur Ruhe – es gab mehr Keller auszupumpen als gleichzeitig zu schaffen waren. Fast pausenlos gingen Hilferufe in der Leitstelle ein. „Ab 14.56 Uhr ging es richtig los“, berichtet ein Sprecher der Gifhorner Rettungsleitstelle im Heidland.
„80 Feuerwehrleute waren im Raum Isenbüttel, 100 Kräfte im Papenteich im Einsatz“, sagt Tobias Nadjib, Sprecher der Kreisfeuerwehr. Besonders schlimm war es gestern im Ausbütteler Wohngebiet Kleiner Gönkamp. Einsatzleiter Matthias Klose ließ sogar Sandsack-Barrieren errichten, um den Schaden zu begrenzen. 60 Brandschützer aus Isenbüttel, Ribbesbüttel, Wasbüttel und Vollbüttel packten mit an. „Der Schmutzwasserkanal konnte das Wasser einfach nicht mehr aufnehmen“, so Klose.
Trotz der sichtbaren Macht des Wassers und trotz eindeutiger Warnungen haben manche Bürger die Situation unterschätzt. So dachte zum Beispiel der Fahrer eines Skoda Octavia bei Hillerse, er könne eine Strecke von 50 Metern mit seinem Auto überwinden, die von der Oker überschwemmt worden war. Aufgestellte Warnschilder ignorierte er – mit dem Ergebnis, dass die Feuerwehr das Fahrzeug aus den Fluten ziehen musste. Beireits tags zuvor war ein Autofahrer von der B-244 bei Rühen mit seinem Wagen in den Graben gespült worden. Auch er hatte die Warnhinweise nicht ernst genommen.
Doch nicht nur Mensch und Technik waren hilflos gegenüber den Wassermassen – auch die Natur musste sich teilweise geschlagen geben: In Wesendorf starben alle drei Jungvögel in einem Storchennest: Kälte und Nässe hatten die Tiere zu sehr geschwächt. Auch das letzte überlebende Küken, das ins Artenschutzzentrum in Leiferde gebracht worden war, um dort aufgepäppelt zu werden, starb am Dienstag.
Politische Konsequenzen aus den Überflutungen der vergangenen Tage fordern Gifhorns Grüne. „Keine weitere Versiegelung und keine Erweiterung des Gewerbeparks Süd“ lautet ein Antrag, den Fraktionschefin Nicole Wockenfuß stellte.
Nach nur ein paar Tagen Dauerregen sei die gesamte Überflutungsfläche im Bereich des Gewerbegebietes bereits ausgereizt. Hierbei sei auch die Fläche überflutet worden, die bei einer Erweiterung des Gebietes zukünftig bebaut werden solle. Nach dem Dauerregen sei auch der Radweg auf der Braunschweiger Straße nicht mehr befahrbar gewesen. Zum Teil habe auch die bebaute Fläche der Gewerbeansiedlung unter Wasser gestanden, so Wockenfuß.
Bei weiterer Versiegelung werde weiteres Wasser, das dann nicht vor Ort versickern könne, dazu kommen. Die Fraktionschefin prognostiziert: „Das wird dazu führen, dass die Keller der angrenzenden Gebäude volllaufen.“