Autogipfel in Wolfsburg
Beim Autogipfel des „Handelsblatts“ in der Autostadt sprach am Dienstag unter anderem Karl Brauner, General-Direktor der WTO. Photowerk

Autogipfel in Wolfsburg

Wolfsburg. Beim Autogipfel des „Handelsblatts“ in der Autostadt standen sie eigentlich auf der Rednerliste: die Autokonzern-Chefs Herbert Diess (VW), Dieter Zetsche (Daimler) und Harald Krüger (BMW). Doch die Top-Manager brachen am Dienstag kurzfristig zu einem anderen Autogipfel auf – nach Washington, um im Weißen Haus über Strafzölle zu sprechen. In Wolfsburg sprang für Diess VW-Chef-Stratege Michael Jost ein und weckte mit einem beeindruckenden Appell die Aufmerksamkeit der Zuhörer.
Die Zeit drängt: Gelingt es nicht, die Kohlendioxid-Emissionen in den nächsten Jahren signifikant zu verringern, sei der Klimawandel nicht mehr aufzuhalten, erklärte Jost vor rund 400 Zuhörern. Dann sei der point of no return (Punkt ohne Wiederkehr) erreicht, an dem die Erderwärmung unkontrolliert voranschreite. VW setze deshalb konsequent auf die Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens von 2015.
VW leiste seinen Beitrag dazu, indem bereits 2026 der letzte Produktionsstart auf einer Verbrenner-Plattform erfolge und etwa im Jahr 2040 die letzten Fahrzeuge mit Verbrenner verkauft würden, um 2050 einen CO2-neutralen Bestand vorzuhalten. Elektrofahrzeuge seien deshalb nicht irgendein neues Geschäftsfeld, sondern „das“ neue Geschäftsmodell. Einen „Supertanker“ wie den VW-Konzern mit allen seinen Marken auf diesen Kurs zu bringen sei nicht einfach, doch der Transformationsprozess – auch hinsichtlich der Digitalisierung – sei bereits im vollen Gange.
2020 starte laut Jost mit dem ID Neo bei VW die Modelloffensive mit rein elektrischen Fahrzeugen, die zudem durch einen umweltfreundlichen Herstellungsprozess CO2-neutral an den Kunden übergeben werden sollen. Autos mit Verbrennungsmotoren würden von da an auf ein Minimum zurückgeführt. Der Chef-Stratege räumte gleichzeitig ein, dass E-Autos im Schnitt bis zu 2000 Euro teurer würden, Modelle der oberen Mittelklasse wie der Passat oder der Tiguan sogar um bis zu 5000 Euro.
Ex-Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD), der überraschend als Redner eingesprungen war, wertete die Reise der drei Autobosse zu Trump so, dass dort offenbar jemand am längeren Hebel sitze. Die Welthandelsorganisation WTO spiele hier keine Rolle mehr. Zuvor hatte WTO-Generaldirektor Karl Brauner über den Handelsstreit und dessen Auswüchse gesprochen.
Zu den Klimazielen von VW merkte Gabriel an, dass die von Jost vorgetragenen Fakten den Klimawandels schon seit 20 Jahren bekannt gewesen seien, die Autohersteller aber erst jetzt reagierten.