Archiv-Sonderblatt des Peiner-Stadtarchivs erschienen: „Liederlicher Lebenswandel und wilde Ehe“ im 19. Jahrhundert
Peine. Das neue Archiv-Sonderblatt des Peiner Stadtarchivs ist da. Thema diesmal: „Liederlicher Lebenswandel und wilde Ehe“ im 19. Jahrhundert.
Vor rund 150 Jahren waren die Grenzen von Sitte und Moral eng gesteckt. Hatte im ausgehenden Mittelalter und noch im 16. Jahrhundert weitgehende Unbefangenheit gegenüber menschlicher Sexualität geherrscht, änderte sich die Situation bereits in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts grundlegend.
Der Bevölkerung wurde eine konfessionalistisch verengte Moral aufgezwungen – mit Langzeitfolgen bis weit in das 20. Jahrhundert hinein: Noch in den 1970er-Jahren haftete dem Zusammenleben in „wilder Ehe“ ein Makel an. Ein Status, der gut 100 Jahre früher drastische Strafen nach sich gezogen hatte.
Am 12. Februar 1844 startete in Peine eine nächtliche Polizei-Aktion, die eine Verhaftung von sechs Menschen „wegen wilder Ehe“ nach sich zog. Im Protokoll Nr. 17 heißt es: „Nachdem der hiesigen Sektion zur Kunde gekommen, daß einige Gesellen in wilder Ehe mit ihren Bräuten dahier lebten, weshalb sie Wochen lang aus der Arbeit blieben, so begaben wir uns mit dem Polizeidiener Brunau in verwichener Nacht in hiesiger Stadt auf Vigilenz [= Fahndung] und trafen: 1. den Schustergesellen Martin Utgenannt bei der unverehelichten Johanne Kniep im Bette liegend […]“ sowie in gleicher Situation an anderen Orten fünf weitere illegal vereinte Paare. Die Männer wurden ohne Umschweife „arretiert und in hiesigem Stadtgefängnis abgeliefert“ sowie am nächsten Tag „mit einer Warnung entlassen“.
Der damalige Bürgermeister Groschupf versah den Bericht allerdings mit einer Notiz, das Ganze wäre nicht so ganz gesetzmäßig. Was nicht hieß, dass man den Frauen nun nachsichtiger begegnet wäre. Eher im Gegenteil: Sie wurden zur Vernehmung ins Rathaus geladen und gestanden die „Tat“. Nur Johanne Kniep versuchte ihr Glück mit einer Ausrede: Utgenannt lag zwar in ihrem Bett, sie habe aber angezogen davor geschlafen. Natürlich half ihr das nichts. Wie die übrigen wurde sie zu 24 Stunden Gefängnis bei Wasser und Brot verurteilt.
Aufschlussreiche Details über weitere Polizei-Aktionen sind nachzulesen im aktuellen Sonderblatt des Stadtarchivs, das in folgenden Einrichtungen kostenlos erhältlich ist: Stadtarchiv, Stadtbücherei, Rathaus und Kreismuseum. Im Internet steht es unter www.peine-online.de zum Download bereit.