Peiner Schiedpersonen: Schlichten statt richten
Sind als Schiedspersonen in Peine tätig: Ulrike Gräfin von Hardenberg und Heike Schnell.

Peiner Schiedpersonen: Schlichten statt richten

Peine. Zwei Nachbarn liegen im Streit. Schuld sind Äste eines Apfelbaums, die über die Grundstücksgrenzen hinaus-ragen. Der betroffene Nachbar ist verärgert, schneidet die Äste ab und wirft sie dem Apfelbaumeigentümer zurück in den Garten. Das ist verboten, aber bereits mehrmals vorgekommen. Was tun?

Es ist ein beispielhafter Fall, den Ulrike Gräfin von Hardenberg zu bearbeiten hat. Sie und Heike Schnell sind die Schiedsfrauen der Stadt Peine, die sich um Streitigkeiten – auch in Bagatellsachen – kümmern. Jede Kommune in Niedersachsen hat mindestens eine ehrenamtlich tätige Schiedsperson. Sie arbeitet unparteiisch und hat absolute Schweigepflicht. Ihre Arbeit soll helfen, die Gerichte zu entlasten.
„Meistens sind es Nachbarschaftsstreitigkeiten wie Überwuchs, Ruhestörungen, Geruchsbelästigungen oder üble Nachrede“, erklärt Hardenberg, die etwa zehn Fälle pro Jahr bearbeitet. Die meisten davon im Sommerhalbjahr. „Ich fungiere dabei als neutrale Person“, sagt sie. Als Schiedsperson ist sie für beide Seiten da. Zunächst hört sie sich die Seite des Beschwerdeführers an, verfasst einen schriftlichen Antrag. Etwa zwei bis drei Wochen später werden beide Parteien schriftlich zu einem Schlichtungsgespräch eingeladen. Bei Nichterscheinen ohne triftigen Grund droht ein Ordnungsgeld von 50 Euro.
„Beide Seiten müssen die Lösung selbst erarbeiten“, sagt Ulrike  Hardenberg. Sie ist dabei ein Mediator. Auf unparteiische und neutrale Weise bemüht sie sich, eine einvernehmliche Lösung des Streits zu finden, mit der beide Seiten zufrieden sind. Sie stellt eine ruhige und entspannte Atmosphäre her, um die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass beide Parteien sich einigen und den sozialen Frieden wieder herstellen.
Dabei haben die Schiedspersonen zwar die Gesetzeslage im Hinterkopf, aber die Suche nach einer Lösung findet nicht nach juristischen Gesichtspunkten statt, sondern richtet sich nach den Bedürfnissen und Interessen der Parteien. „Während es vor Gericht immer einen Verlierer und einen Gewinner gibt, gehen bei einer Einigung nur Gewinner hervor“, betont die Schiedsfrau. Das ist häufig der Fall. Nach einer zufriedenstellenden Lösung wird ein Vergleich geschlossen, den beide Parteien unterschreiben. Nicht umsonst heißt das Motto des Bundes Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen „Schlichten statt richten“.
Beim Schiedsgericht handelt es sich um Deutschlands älteste Institution der vorgerichtlichen Streitschlichtung. Dessen Einschaltung wird bei bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten empfohlen, aber auch bei Strafdelikten wie Beleidigung, Körperverletzung, Sachbeschädigung und  Hausfriedensbruch – solange noch kein Strafantrag gestellt wurde. In manchen Fällen ist eine Schiedsamtverhandlung vor dem Einreichen einer Privatklage sogar vorgeschrieben. Sollte dennoch keine Lösung gefunden werden, wird eine Erfolglosigkeits-Bescheinigung ausgestellt und der Antragsteller kann eine Zivilklage einreichen.
Wird in der Schiedsverhandlung eine Einigung gefunden, wird diese schriftlich festgehalten und von beiden Parteien unterschrieben und ist diese rechtlich bindend. Sie ist nicht weniger verbindlich als ein Gerichtsurteil, wie Hardenberg mit einer Zahl verdeutlicht: Hält sich eine der Parteien nicht an die Abmachung, kann diese noch nach 30 Jahren vollstreckt werden.
In allen Begebenheiten geht es nicht nur um die Klärung des Streits, sondern auch um die Wiederherstellung eines guten Verhältnisses aller Beteiligten. „Es ist immer besser, wenn man sich noch in die Augen gucken und die Hand reichen kann“, erklärt  Hardenberg. Dem Nachbarn mit dem Apfelbaum wird man schließlich noch jahrelang begegnen.

❱❱ Weitere Infos im Internet unter www.schiedsamt.de.