400 Millionen Euro Verlust: Salzgitter AG rutscht tiefer in die Krise
Die Strukturkrise in der europäischen Stahlindustrie und die damit verbundenen Überkapazitäten nehmen für die Salzgitter AG bedrohliche Ausmaße an. Der Stahl- und Röhrenkonzern hat erneut seine Jahresprognose gesenkt: Für das laufende Geschäftsjahr erwartet das Management einen Vorsteuerverlust „in der Größenordnung von 400 Millionen Euro“.
Das Defizit könnte sogar noch höher ausfallen, denn es drohen weitere Belastungen durch sogenannte Einmaleffekte im Zuge der Umsetzung des Sparprogramms „Salzgitter 2015“, für das am 14. August erstmals Eckpunkte genannt werden sollen. Mitte Mai war das im M-Dax gelistete Unternehmen noch von einem Verlust im „mittleren zweistelligen Millionenbereich“ ausgegangen – und hatte damit bereits seine bis dahin zuversichtliche Prognose von einem kleinen Millionengewinn kassiert. Die Aktie rutschte nach Bekanntwerden der Zahlen am Dienstag um 12,23 Prozent auf 25,27 Euro ab, hat sich zum Ende der Woche aber wieder erholt, lag am Freitag bei über 28 Euro.
Größter Verlustbringer bleiben die Peiner Träger mit ihren knapp 1100 Mitarbeitern. Die Konzerntochter leidet unter der extrem geschrumpften Bautätigkeit in den von der Schuldenkrise gebeutelten Ländern in Südeuropa. Eine Besserung erwartet die AG mittelfristig nicht. Wegen der Überkapazitäten auf dem Markt und des scharfen Wettbewerbs lassen sich viele Walzstahlprodukte nur unterhalb der Herstellkosten zu verkaufen, heißt es. Davon sind vor allem die Träger betroffen, die trotz eingeleiteter Restrukturierung anhaltend hohe Verluste einfahren.
Im ersten Halbjahr musste die Salzgitter AG für die Tochter Abschreibungen von 185 Millionen Euro vornehmen, die sich in voller Höhe auf das Ergebnis des Konzerns auswirken. Damit wird immer deutlicher, dass es in Peine zu einem massiven Abbau von Arbeitsplätzen kommen dürfte. Konzernchef Heinz Jörg Fuhrmann hatte schon im Frühjahr erklärt, dass der Standort nur durch eine „Rosskur“ zu halten sei.
Wie viele der konzernweit 25 000 Stellen wegfallen könnten, ist aber offen. „Wenige Hundert sind nicht ausreichend“, so die Konzernspitze. Die IG Metall warnte diese unterdessen vor „Schnellschüssen“. IG-Metall-Vorstandsmitglied Hans-Jürgen Urban, der auch stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender des Konzerns ist, forderte „Maßnahmen, die allen Gesellschaften des Konzerns eine solide Perspektive sichern“.
Das Management arbeitet derzeit zusammen mit der Gewerkschaft an einem Zukunftskonzept. Mit Spannung warten die Mitarbeiter nun auf den nächsten Mittwoch, wenn der Konzern nicht nur die Quartalszahlen bekannt geben wird, sondern auch Details aus dem Restrukturierungprogramm „Salzgitter 2015“ nennt.