Autor Maik Siegel aus Salzgitter stellt Debüt-Roman vor
SZ-Bad. Manchmal scheint es hilfreich, möglichst weit weg zu sein, um etwas genau zu erkennen. Wie bei Maik Siegel, dem jungen Autor aus Salzgitter. Er war 2015 in Kanada, als Deutschland im Zeichen der Flüchtlingsströme ein neues Gesicht zeigte. Tausende Menschen trafen sich zu Pegida-Märschen, viele trugen ihre Fremdenfeindlichkeit zur Schau, beleidigten die Regierung und beschimpften die freie Presse. Wo waren die toleranten und aufgeklärten Menschen, von denen Maik Siegel seinen Studenten im Unterricht erzählt hatte? Wo war der Staat, aus dem er stammte und von dem er bei Auslandsaufenthalten gerne berichtete?
Die Vorkommnisse in seiner Heimat weckten bei dem jungen Mann damals die Lust am Schreiben. Die Liebe zum Lesen hatte ihm seine Mutter mitgegeben, nun ging es ihm darum, die Flüchtlingsdebatte in einen Roman zu gießen und dabei auch die Doppelmoral mancher Bürger zu entlarven. Maik Siegel ließ sich für sein Debüt „Hinterhofleben“ von Ödön von Horvaths Theaterstück „Geschichten aus dem Wiener Wald“ inspirieren. Er stellte sich die Frage, was passiert mit den Leuten, wenn ein Flüchtling aus Syrien in die Nachbarschaft einzieht. Alles ist fiktiv und doch nahe an der Realität. In den verschiedenen Charakteren, die sich Maik Siegel für die Hausgemeinschaft ausdachte, dürften sich viele Leser irgendwie wiederfinden.
Er verlegte das Geschehen an den Prenzlauer Berg nach Berlin. Seit sechs Jahren ist er in der Hauptstadt zuhause, arbeitet als Referendar für Deutsch und Englisch an einem Gymnasium. Denn vom Schreiben wird er nicht leben können, so wie fast alle Autoren. Die erste Auflage mit 500 Exemplaren ist verkauft, die zweite Auflage im Handel. Maik Siegel ist dankbar, überhaupt einen Verlag gefunden zu haben – „so ganz ohne Beziehungen“. Im November 2017 erschien „Hinterhofleben“.
Wie riesig der deutsche Büchermarkt ist, wurde ihm kürzlich auf der Buchmesse in Leipzig vor Augen geführt. Dort durfte er zwei Lesungen abhalten, eine vor 200 Gästen. „Das war schon sehr cool.“ Die wohlwollenden Reaktionen des Publikums erfreuten ihn, auch im Netz kommt er gut weg. Aber Maik Siegel interessiert auch, wie die Leute daheim denken. Er wuchs in Salzgitter-Bad auf, spielte Fußball beim SC Gitter und SV Innerstetal, war Messdiener und aktiv in der katholischen Kirchengemeinde St. Marien.
Nach dem Abitur am Gymsnasium Salzgitter-Bad zog es Maik Siegel weg, er verbrachte viel Zeit im Ausland, besucht so alle drei bis vier Monate seine Eltern. Neugierig ist er auf die Reaktionen in seiner Heimatstadt, die wie kaum eine andere geprägt ist von den Flüchtlingswellen. Bei seiner Lesung in der Stadtbibliothek Salzgitter-Bad will er auch nicht nur vorne sitzen und vortragen, sondern mit den Besuchern sprechen und diskutieren. „Das finde ich spannender für die Leute und für mich.“ Er möchte wissen, wie andere über die Flüchtlingsdebatte denken und auch, was er beim nächsten Roman noch besser machen kann. Der wird aber ein anderes Thema haben als „Hinterhofleben“.
Hinterhofleben – der Roman
Was passiert mit einer Hausgemeinschaft, wenn auf einmal statt Mülltrennung Weltpolitik diskutiert wird? Die Linde im Hinterhof grünt gerade erst, als die Bewohner der Nummer 68 im Prenzlauer Berg entscheiden, dem syrischen Kriegsflüchtling Samih Unterschlupf zu bieten. Gleich einem Theaterstück erwartet den Leser hinter jedem Vorhang eine schicksalshafte Geschichte der Hausbewohner mit dem zurückhaltenden Samih, der gemischte Gefühle in ihnen auslöst – bis zum Schluss. Mit scharfer Beobachtungsgabe öffnet Maik Siegel ein Fenster in den Hinterhof eines typischen Berliner Hauses, wo Zynismus und Alltagsschmerz aufeinanderprallen.
Die Lesung am Freitag, 20. April, beginnt um 19 Uhr in der Stadtbibliothek Salzgitter-Bad. Eintritt drei Euro.