Das Bündnis im Rat Salzgitter ist Geschichte
Salzgitter. Die Karten im Stadtrat werden künftig vor jeder Abstimmung neu gemischt. Der Grund: Die SPD-Fraktion hat die Zusammenarbeit mit den Grünen und der MBS gekündigt und ist ausgestiegen, um mehr Freiheiten zu haben.
Auslöser ist nach SPD-Worten die prekäre Haushaltslage der Stadt. „Bei einer Verschuldung von rund 390 Mio. Euro und einer Lücke von etwa 26 Mio. Euro zwischen Einnahmen und Ausgaben für das Haushaltsjahr 2019 verlangt dies mehr denn je ein gemeinsames Handeln aller im Rat vertretenen Fraktionen“, schreiben SPD-Fraktionsvorsitzender Ulrich Leidecker und Unterbezirks-Chef Michael Letter. Deshalb haben sich die SPD-Ratsfraktion „nach eingehender Diskussion zusammen mit dem Vorstand des SPD-Unterbezirks“ dazu entschlossen, die Vereinbarung mit den bisherigen Bündnispartnern MBS und Bündnis 90/Die Grünen aufzugeben – „zu Gunsten einer breiten Mehrheitsfindung für die Entscheidungen des Rates und seiner Gremien“.
Ulrich Leidecker und Michael Letter teilten mit, dass dies „keine Entscheidung gegen eine bestimmte Bündnisgruppe ist“. Sie rufen zu einem stärkeren gemeinsamen Handeln auf und beziehen dabei den Oberbürgermeister mit ein, „sofern dies von ihm gewünscht und auch mitgelebt wird“. Die SPD-Ratsfraktion stellt fest, dass die Bürger „trotz aller politischen Unterschiede ein stärkeres gemeinsames Handeln der Fraktionen erwarten müssen, damit die schwierige finanzielle Lage der Stadt gemeistert werden kann“.
Bei den bisherigen Partnern kommt das Verhalten der SPD nicht gut an. Die Kündigung „zeigt den desolaten Zustand der Sozialdemokraten auch auf kommunaler Ebene“, schreibt Stefan Roßmann im Namen der MBS-Fraktion, die nach seinen Worten ebenfalls den Ausstieg geplant haben soll. „Was ist das für ein politischer Stil, wenn man sich als Bündnispartner nicht vor einem Bruch zusammensetzt und das Bündnis mit Anstand beendet?“ fragt sich Stefan Roßmann. Für ihn sei auch in Salzgitter die SPD auf einem Kurs, „der die Zerrissenheit dieser Partei widerspiegelt“. Diese Uneinigkeit habe sich auf das Bündnis mit den Grünen/Bündnis 90 und der MBS ausgewirkt.
Stefan Roßmann: „Die SPD Fraktion befindet sich in der Schwerelosigkeit des politischen Handelns mit dem Auftrag, die schwierige Lage der finanziellen Situation der Stadt zu meistern.“ Nach seinen Worten ist die Glaubwürdigkeit der SPDMandatsträger sicherlich in Frage gestellt.
Ein großes Fragezeichen hinterlässt die Kündigung bei der Partei Bündnis 90/Die Grünen, die sich in einer Mitgliederversammlung „intensiv“ mit der Begründung befasst hat. Das von der SPD in ihrer Erklärung angeführte gemeinsame Handeln der Ratsarbeit sei bereits 2016 in der Vereinbarung zur Zusammenarbeit festgeschrieben worden, so Fraktionsvorsitzender Marcel Bürger und Harald Wintjen, Vorstandssprecher im Kreisverband der Partei. „SPD, MBS und Bündnis 90/Die Grünen bieten allen Mitgliedern im Rat der Stadt Salzgitter sowie dem Oberbürgermeister und seiner Verwaltung eine ernstgemeinte und konstruktive Zusammenarbeit an“, heißt es in dem Papier.
„Wir sind der Meinung, dass wir in der Vergangenheit einiges gemeinsam mit SPD und MBS, aber auch mit anderen Fraktionen auf den Weg gebracht bzw. angestoßen haben“, heißt es in der Reaktion der Partei Bündnis 90/Die Grünen. „Wir setzen auch weiterhin auf eine gute Zusammenarbeit mit den im Rat vertretenen Fraktionen und sind nach wie vor offen für gute Vorschläge anderer Fraktionen, die dem Wohl der Bürger unserer Stadt dienen“, so Marcel Bürger und Harald Wintjen.
CDU fordert Mut zur Zusammenarbeit
Die CDU im Rat Salzgitter begrüßt die Entscheidung der SPD, auch wenn sie dafür andere Worte wählt. „Oberbürgermeister Frank Klingebiel hat bei der Vorstellung des Haushaltsentwurfs
2019/2020 aufgezeigt, dass echte Perspektiven für Salzgitter nur gemeinsam erarbeitet werden können“, lautet die Reaktion des CDU-Fraktionsvorsitzendes Thomas Huppertz auf die Nachricht, dass die SPD das Mehrheitsbündnis aufgekündigt hat. Er habe den anderen Fraktionen im Rat bereits vor Wochen die Zusammenarbeit über die Fraktionsgrenzen hinweg angeboten und erste Vorschläge unterbreitet, so Thomas Huppertz. „Ich bin mir bewusst, dass ein echtes gemeinsames Arbeiten für Salzgitter von Einzelnen und von den Fraktionen viel Mut erfordert. Das gilt auch für uns als CDU-Ratsfraktion. Meine Fraktion besitzt den Mut für morgen und hat Salzgitter fest im Blick. Das ist ein Leitmotiv für unsere Arbeit im Rat – mit dem Oberbürgermeister und den anderen Fraktionen für die Menschen bei uns in Salzgitter“, so Thomas Huppertz.