Der Salzgittersee und seine Zukunft
SZ-Lebenstedt. Die größte Bürgerbeteiligung in der Stadt nähert sich ihrem Ende. Auf dem Weg zu einem Zielkonzept für den Salzgittersee steht am Montag, 16. September, um 18 Uhr in der Kulturscheune der letzte Termin an. In einer für alle offenen Bürgerversammlung stellen die Verwatung und das mit dem Prozess beauftragte Büro Ackers Partner Städtebau die Ergebnisse aus drei Umfragen, zwei Werkstätten und einer Begehung vor. Am Ende landet alles in einer Dokumentation an den Rat, der später entscheidet, in welche Richtung sich das Naherholungsgebiet entwickeln soll.
Mehr als 4.000 Beteiligungen zählte die Stadtverwaltung seit Herbst 2018, als das nach ihren Worten „neutral und professionell“ begleitete Verfahren startete. Dem Rat ging es darum, die Wünsche und Anregungen der Bürger in das Ziel- und Strukturkonzept mit einfließen zu lassen. Auch sollte untersucht werden, wie die Bürger die fünf Themenbereiche (Sand & Sonne, Stadt & Fluss, Spiel & Sport, Wasser & Wind sowie Inselpark) aus dem Masterkonzept bewerten, das die Allianz für die Region 2015 vorgelegt hatte und das unter anderem vorsah, das Ufer im Süden und Südosten zu bebauen. Unter anderem finden sich Vorschläge in dem Papier, ein Tagungshotel und Wohngebäude zu errichten.
Zwar sind es bisher nur Konzepte, doch allein die Skizzen haben einige Bürger aufgeschreckt, die sich um die Zukunft des Gebietes sorgen und die eine Initiative gegründet haben. Mit mehr als 900 Unterschriften spricht sie sich für den weitgehenden Erhalt der augenblicklichen Situation aus. Die Mitglieder fordern, jegliche Planungen einzustellen und den Zustand der vorhandnen Einrichtungen zu verbessern.
Sie sind skeptisch und manche wittern gar eine Baulobby hinter dem Masterplan. Vorsitzende Gudrun Hanne und ihre Mitstreiter wollen bei der Bürgerversammlung genau hinhören, ob sich die Anregungen und Vorschläge aus den Terminen auch im Ergebnis wiederfinden und bei den Fraktionen im Rat ankommen. Die Politiker müssen am Ende über eine Entwicklung am Salzgittersee entscheiden, auch bei ihnen wächst die Spannung, was die Bürger zu sagen haben. hallo hat die Fraktionen befragt, was sie vom Masterkonzept halten und zu und einer möglichen Bebauung am Salzgittersee sagen.
Die SPD-Fraktion lässt sich nicht in die Karten schauen. Sie verweist auf den Beschluss, die einzelnen Themenbereiche und Projektideen des Masterkonzeptplans als „übergeordneten Rahmen für die gesamte Seeentwicklung weiter zu entwickeln und zu konkretisieren“. Erst nach Vorlage des bei der Verwaltung beauftragten Ziel- und Strukturkonzept will die SPD gemeinsam mit den übrigen Fraktionen im Rat und dem Oberbürgermeister die weiteren Schritte beraten. Die Bürgerinitiative Salzgittersee handele, wie andere Interessenvertreter von Vereinen und Verbänden auch, in eigener Sache und tritt insofern als Lobbyist auf, schreibt die SPD-Fratkion. Sie sei als Ratsfraktion allen Bürgern gegenüber verpflichtet.
Die CDU-Fraktion nennt es „vorbildlich, dass die Verwaltung die Bürgerbeteiligung in dieser Weise möglich gemacht hat und umsetzt“, so der stellvertretende Vorsitzende Guido Löcke. Er will das Ende vor einer endgültigen Beschlussfassung abwarten. In jedem Fall sollen Wünsche und Anregungen berücksichtigt werden. Eine Bebauung im Süden/Südosten des Salzgittersees mit Tagungshotel, zusätzlichem Wassersportzentrum und möglicher Wohnbebauung lehnen wir nach derzeitigem Stand daher ab.“ Denn: Der Salzgittersee diene in hervorragender Weise der Erholung. Sport und Freizeitaktivitäten zu Land und zu Wasser seien auch heute schon möglich. Außerdem habe in der City gerade ein Tagungshotel eröffnet. In der Lebenstedter Innenstadt stünden „unter anderem mit dem Umbau des Postareals weitere Neuerungen an, die auch die Themen Wohnen, Hotelangebot und Nahversorgung im Blick haben“, so Guido Löcke.
Offen zeigt sich für die M.B.S.-Fraktion ihr Sprecher Stefan Roßmann für das Masterkonzept, das erstmal Möglichkeiten aufzeige. Auch der Beteiligungsprozess von Bürgern habe die Fratkion positiv gestimmt, da neue Vorschläge dem Konzept hinzugefügt wurden. „Uns ist schon wichtig das Salzgitter-See so wie erst vorhanden nicht mit privaten Häusern bebaut wird und frei zugänglich bleibt, aber wenn sich Möglichkeiten einer anliegender Bebauung beispielsweise von Einfamilienhäusern über einen zugeführten Kanal zum See würde er das „positiv ansehen“. Der Salzgittersee müsse weiterentwickelt werden „zum Wohle der Bürger vor Ort, in der Region und zum Vorteil der ganzen Stadt ökonomisch wie ökologisch“.
Marcel Bürger verweist für die Fraktion Bündnis90/Die Grünen darauf, schon bei der Kommunalwahl 2016 skeptisch gegenüber dem Masterplan gewesen zu sein und sich bereits gegen eine Wohnbebauung und auch gegen ein Hotel ausgesprochen zu haben. Die Bürgerbeteiligung nennt er einen „wichtigen Indikator“, sie müsse wie die Unterschriftenliste in einen Beschluss einfließen. „Dennoch steht einer Weiterentwicklung des SZ-Sees in Bezug auf naturnahe Erholung und eine Verbesserung und Aufwertung der Infrastruktur in Bezug auf die Sanierung der Wege und die Instandsetzung und Verbesserung bereits bestehender Anlagen im Bereich Sport, Spiel und Erholung nichts entgegen.“
Klare Worte kommen von der Fraktion Die Linke. In dem Beteiligungsprozess wurde deutlich, dass nahezu alle Teilnehmer die Uferlinie, die Wege am See, den freien Zugang zum See, das Wäldchen und den Forellenhof erhalten wollen“, schreibt Vorsitzender Hermann Fleischer, „für uns schließt sich eine Bebauung in direkter Seeufernähe aus“. Auch für ein Tagungshotel und ein Wassersportzentrum gebe es keinen Bedarf. Die Beteiligung mit den mehr als 4.000 Antworten nennt der „hervorragend“, die Anregungen seien sehr konstruktiv und berücksichtigten meistens die Gesamtsituation am Salzgittersee. „Einige wenige Vorschläge waren gegensätzlich doch das war zu erwarten.“
„Die FDP-Fraktion begrüßt die Bürgerbeteiligung ausdrücklich“, so Sprecher Andreas Böhmken. Das Ergebnis habe „maßgeblichen Einfluss auf unsere Entscheidungen“. Alles andere wäre auch kein gutes Zeichen. Die FDP-Fraktion stehe einer möglichen Bebauung im Süden und Südosten des Salzgittersees grundsätzlich offen gegenüber. „Entscheidend für uns ist, dass der freie Zugang zum See gewahrt bleibt und ein vernünftiges Konzept erarbeitet wird.“ Damit setze die FDP das Ergebnis der Bürgerbeteiligung auch um, da nach seinen Worten „zwei Drittel der Befragten einer Bebauung offen gegenüberstehen, wenn ein entsprechendes Konzept vorgelegt wird“.