Ex-Junkie ist in Salzgitter nun als Suchtberater aktiv
SZ-Lebenstedt. Gianluca Calabrese hat es geschafft: Vor fünf Jahren befreite sich der heute 39-Jährige aus dem Teufelskreis von Sucht und Kriminalität. Fast sein halbes Leben lang drehte sich sein Alltag nur um das Stillen des Bedürfnisses, schnellstmöglich den nächsten Drogenrausch hervorzurufen. Heute hat Calabrese erfolgreich eine Therapie hinter sich gebracht, ist verheiratet und erwartet mit seiner Frau Beatrix das erste gemeinsame Kind. Nun will er selbst Jugendlichen und den Eltern in Salzgitter eine Hilfe sein.
An die Anfänge seiner Drogenkarriere erinnert sich Calabrese noch gut. Mit 13 Jahren hat er Marihuana geraucht, mit 15 das erste Mal Kokain probiert, mit 18 zu Partydrogen gegriffen. „Es war Neugier und auch die falschen Freunde, so wie ich wohl ein falscher Freund war“ sagt der geborene Salzgitteraner mit italienischen Wurzeln heute.
Mit 18 bezog er seine erste eigene Wohnung. „Dann ging es so richtig los, auch mit anderen Drogen“, erinnert sich Calabrese. LSD, Ecstasy oder Amphetamine konsumierte er ab sofort regelmäßig, auch um den stressigen Job in der Gastronomie zu bewältigen. „Zu meiner schlimmsten Zeit war ich fünf Tage ohne Schlaf.“ Das Geld reichte aber bei weitem nicht aus, um den immer höheren Drogenkonsum zu finanzieren.
Die Abhängigkeit führte ihn schnell auf den Weg in die Beschaffungskriminalität. „Ich habe Einbrüche begangen, Leute abgezogen und einige Betrugsdelikte verübt. Ich habe gedealt, die Leute in der ganzen Umgebung versorgt. Man kommt schnell in diesen Kreislauf“, sagt Calabrese heute rückblickend. Es dauerte fast 20 Jahre, bis er den Sprung aus der Drogenszene schaffte.
Die Erkenntnis bekam er durch seinen letzten Gefängnisaufenthalt in Wolfenbüttel, drei Jahre saß er dort ab. „Ich habe da die ganzen kaputten Junkies gesehen und wollte einfach nicht mehr.“ Mit Hilfe einer Therapie, starker Willenskraft und harter Arbeit an der eigenen Person schaffte er letztendlich den Weg in ein drogenfreies Leben.
Heute will Calabrese über seine Internetseite „Super-Salzgitter“ selbst ein Ansprechpartner für andere Betroffene sein – jemand, den er selbst nie hatte. „Das hat mir damals gefehlt. Jeder hat getuschelt, aber keiner kam mal auf mich zu. Wäre jemand da gewesen, vielleicht wäre es nie so weit gekommen.“ Auch Schulklassen gehören zur Zielgruppe seiner Präventionsarbeit, aus einem bestimmten Grund: „Ich will ihnen die Realität aufzeigen. Es ist eben nicht so, dass man Verhöre bei der Polizei, die bei mir bis zu zehn Stunden dauerten, einfach mal eben so wegsteckt. Es kommen auch keine smarten Anwälte um die Ecke wie bei CSI Miami, die dich da rausholen.“
Es sind Worte, die Calabrese gerne wählt, wenn er mit Mitarbeitern der Bewährungshilfe vor Schulklassen spricht. Worte, die zum Nachdenken anregen. „Die coolen Dreizehnjährigen werden plötzlich ganz still und aufmerksam. Es rattert so richtig in ihren Köpfen“, beobachtet Calabrese immer wieder dabei. Ansprechen will der ehemals drogenabhängige Salzgitteraner auch Schüler und Studenten, die sich am Abend mit Energydrinks aufputschen, um für eine anstehende Klausur zu lernen. „Als nächstes kommen Koffeintabletten und irgendwann bietet dir einer was an, was dich noch länger wach hält. Man merkt dabei den körperlichen Verfall nicht“, warnt Calabrese.
Seit Anfang des Jahres versucht der 39-Jährige, mit seiner Präventionsarbeit in Salzgitter Fuß zu fassen. Leicht sei es nach seinen Aussagen zwar nicht, doch findet sein Angebot immer mehr Anklang: Eine Fahrschule buchte ihn gerade für Vorträge, mit dem Präventionsteam der Polizei soll es bald an eine Schule gehen und in der evangelischen Familien- und Bildungsstätte veranstaltet er monatlich einen Infoabend für Eltern – den nächsten am Mittwoch, 23. März, um 19 Uhr.
Wünschen würde sich Calabrese für die Zukunft, stärker mit Institutionen und Behörden zusammen arbeiten zu können. Doch egal wie es kommen mag, eines ist sich Gianluca Calabrese sicher: „Ich werde weiter kämpfen, damit es sich die Jugendlichen zweimal überlegen, ob sie zu Drogen greifen.“
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