Fusionsvorschlag aus Salzgitter: Klingebiels Gebietsreform stößt auf Widerstand
Mit einem Paukenschlag in der Fusionsdebatte hat Oberbürgermeister Frank Klingebiel zu Beginn dieser Woche in der Region die Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Er schlägt ein Drei-Zentren-Konzept für Ostniedersachsen vor aus den Städten Braunschweig, Wolfsburg und Salzgitter. Die Landkreise Peine und Helmstedt sollten aufgelöst werden, die Gemeinden unter den großen Städten und Landkreisen aufgeteilt werden. Salzgitter könnte nach Klingebiels Vorstellungen von einer Gebietsrefom auf mehr als 140.000 Einwohner wachsen.
Mit seinem Vorstoß hat Salzgitters Oberbürgermeister viele überrascht, auch aus den eigenen Reihen. Bisher galt Klingebiel als Verfechter der Eigenständigkeit Salzgitters, nun legt er gleich drei Varianten vor, wie er sich die Region in der Zukunft vorstellen könnte. In jedem der drei Fälle dürfte seine Stadt gestärkt aus diesem Prozess hervorgehen, für den er auch eine stärkere Einmischung des Landes fordert.
Für das Drei-Zentren-Modell spricht laut Klingebiel, dass die drei kreisfreien Städte mit ihren Konzernen wie der Volkswagen AG und der Salzgitter AG und ihren Wissenschafts- und Technologieeinrichtungen nicht nur das Wirtschafts- und Kraftzentrum der Region sind, sondern im Grunde des gesamten Landes Niedersachsen. Der Oberbürgermeister: „Die hohe Zahl an qualifizierten Arbeitsplätzen und die attraktiven Lebens- und Wohnbedingungen in den drei großen Städten sind der Lebensnerv und der Magnet dieser Region.“
Während Braunschweig und Wolfsburg dringend Fläche für ihre positive Weiterentwicklung bräuchten, schielt der Oberbürgermeister für Salzgitter als drittgrößten niedersächsischer Industriestandort vor allem auf die Bevölkerung, die im Stadtgebiet arbeitet und die Infrastruktur nutzt, aber im unmittelbaren Umland wohnt und insoweit nicht zur Finanzierung der Infrastruktur beiträgt. Ginge es nach ihm, so sollten sich die Gemeinden Lengede (Landkreis Peine), Söhlde (Landkreis Hildesheim), Baddeckenstedt (Landkreis Wolfenbüttel) sowie Lutter und Liebenburg (beide Landkreis Goslar) Salzgitter anschließen, das dann auf eine Einwohnerzahl von fast 142.000 stiege.
Für seine Vorschläge erhielt der Oberbürgermeister erwartungsgemäß Beifall aus der CDU-Fraktion im Rathaus. Bei den Bürgermeistern in den betroffenen Gemeinden wie Lengede oder Söhlde lösten die Ideen und das Vorpreschen aber eher Unverständnis und Ablehnung aus. Peines Landrat Franz Einhaus spricht sogar von einer „Kampfansage an den ländlichen Raum“.
Starken Gegenwind gibt es auch daheim von Salzgitters rot-grüner Ratsmehrheit sowie dem SPD-Unterbezirk und der dem Kreisverband der Grünen. Sie reagieren in einer gemeinsamen Stellungnahme „verblüfft“ auf den „Zick-Zack-Kurs“ Klingebiels, der erst ein Gegegner ergebnisoffener Fusionsgespräche gewesen sei und nun die Kehrtwende zu einem Befürworter vollziehe. „Allerdings nur auf Kosten anderer Kommunen“, kritisieren SPD und Grüne bei dem Konzept die fehlende „Verlässlichkeit“ und vorgeschlagene „Demontage dreier Landkreise“.
Der Oberbürgermeister mische sich „mit der Keule“ in die Regionsdebatte ein und trage so dazu bei, die Fronten zu den umliegenden Gemeinden zu verhärten, heißt es weiter. Mit seinem vorgeschlagenen Konstrukt handele Klingebiel zudem „kontraproduktiv“, da das Land den ländlichen Raum stärken wolle.
In ihrer Stellungnahme halten SPD und Grüne Klingebiel zudem vor, wie schon beim Mobilitätsmuseum oder der Feurewehrfusion die Bürger mit seinen „Träumen“ zu verunsichern. Diese Visionen seien unrealistisch und mit erheblichem Aufwand verbunden. Der Oberbürgermeister solle sich „in erster Linie auf die ordnungsmäße Führung“ der Verwaltung konzentrieren, so SPD und Grüne. „Hier gibt es noch reichlich zu tun.“