Große Koalition setzt auf Schacht Konrad in Salzgitter
Nach dem Koalitionsvertrag will die künftige Bundesregierung den Schacht Konrad schnell als Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle ausbauen. Foto: rk

Große Koalition setzt auf Schacht Konrad in Salzgitter

Salzgitter. Der geplante Koalitionsvertrag für die nächste Bundesregierung in Berlin sorgt für Gesprächsstoff in Salzgitter. Denn in dem Papier widmen sich SPD, CDU und CSU auch dem Schacht Konrad. Sie haben sich eine „möglichst rasche Fertigstellung und Inbetriebnahme als Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle“ vorgenommen und wollen zudem ein „unverzichtbares Bereitstellungslager“ errichten. Salzgitters Grüne kritisieren die angekündigte Atompolitik.

„Die eigentlichen Probleme mit Schacht Konrad und mit seiner Genehmigung werden weiterhin ignoriert“, schreiben die Kreisverbandssprecherin Julia Mefs und der Ratsfrakionssprecher Marcel Bürger im Namen der Grünen. Sie verweisen auf Seite 143 im Vertragsentwurf. Beide hatten von der Großen Koalition (Groko) zwar keine Kehrtwende in der Schacht-Konrad-Politik erwartet, aber sie halten die Aussagen für widersprüchlich. Sie vermissen zudem „Nachweise für die Langzeitsicherheit und Grundwasserneutralität, des Weiteren bleiben die Risiken im Gutachten zur Transportstudie weiterhin unbeachtet“. Die Grünen kündigen an, den Widerstand gegen Atommüll in Schacht Konrad aufrecht zu halten.

Auf Seite 143 findet sich der Hinweis auf die künftige Atompolitik. „Um die sichere Entsorgung der bereits angefallenen erheblichen Mengen schwach-und mittelradioaktiver Abfälle und einen zügigen Rückbau der Atomkraftwerke zu ermöglichen, wollen wir eine möglichst rasche Fertigstellung und Inbetriebnahme von Schacht Konrad als Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle wie auch die zuvor erforderliche Produktkontrolle vorantreiben. Für einen zügigen Einlagerungsbetrieb ist die Errichtung eines Bereitstellungslagers unverzichtbar. Wir wollen deshalbein solches Bereitstellungslager einrichten und mit den Planungen dafür unverzüglich beginnen.“
Bei den Grünen sorgt vor allem die Forderung nach dem Bereitstellungslager für Verwunderung. Die Verfasser seien sich wohl des Widerspruchs nicht bewusst gewesen, mutmaßen Kreisverbandssprecherin Julia Mefs und Marcel Bürger, Sprecher der Ratsfraktion, in einer Pressemitteilung. Für ein neues Lager wäre ein Planfeststellungsverfahren nötig, „sofern nicht mit juristischen Mitteln bestehende Genehmigungen aufgebohrt werden“.
„Das ist nicht unsere Position“, sagt Salzgitters stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzender Stefan Klein auf hallo-Anfrage zum Vertrag. Die Schaffung eines Eingangslagers sei völlig neu, das könne er sich nicht auf dem Gelände am Schacht Konrad vorstellen. Dazu müsste das Planfeststellungsverfahren neu aufgerollt werden. Die Forderung zeigt laut Stefan Klein aber, „dass das genehmigte Endlager nicht mehr dem heutigen Stand von Wissenschaft und Technik entspricht“.
Auch bei Salzgitters CDU im Rat ist die Enttäuschung groß. „Der Passus sorgt für viel Verärgerung“, so Fraktionssprecher Rolf Stratmann. Statt die wissenschaftlich begründeten Bedenken und den großen Widerstand in der Region ernst zu nehmen, klammerten sich die Verantwortlichen in Berlin weiterhin an eine alte Genehmigung, die es heute in dieser Form nicht mehr geben würde. „Skandalös und nicht hinnehmbar“ nennt Rolf Stratmann die Ankündigung eines sogenannten Bereitstellungslagers. Er vermutet: „Die Koalitionäre wollen scheinbar oberirdisch eine neue Lagerstätte für die radioaktiven Abfälle errichten.“ Die CDU-Fraktion werde das nicht hinnehmen und innerhalb und außerhalb der Partei „in aller Deutlichkeit auf diese Ankündigungen reagieren“.
Die Stadt sieht den Vertragsentwurf als Absichtserklärung. „Wir bleiben unserer Linie treu“, verspricht Verwaltungsvorstand Wolfram Skorczyk. Ein atomares Endlager im Schacht Konrad gefährde die Sicherheit der Menschen, der Planfeststellungsbeschluss sei rechtlich nicht abgedeckt. Die Stadt lehne auch die Errichtung eines Bereitstellungslagers ab. Skorczyk: „Wir werden uns weiter bemühen, den Ausbau zu stoppen.“