Großer Bahnhof für die neue Technik aus Salzgitter
Salzgitter/Bremervörde. Es war eine Weltpremiere, zu der Europas größter Schienenfahrzeugbauer Alstom, Niedersachsens Wirtschafts- und Verkehrsministerium, das Bundesverkehrsministerium sowie die Landes-nahverkehrsgesellschaft Niedersachsen und die Eisenbahnen und Verkehrsbetriebe Elbe-Weser nach Bremervörde eingeladen hatten. Ein sprichwörtlich großer Bahnhof herrschte am Gleis, als dort unter den Augen vieler Gäste und Pressevertreter aus dem In- und Ausland der weltweit erste Wasserstoff-Brennstoffzellenzug einfuhr.
Der von Alstom in Salzgitter gebaute „Coradia iLint“ hat Brennstoffzellen an Bord, die Wasserstoff und Sauerstoff in Strom umwandeln und so den Schadstoffausstoß auf Null reduzieren. Schon seit dem 17. September sind zwei dieser Züge unterwegs – regulär im öffentlichen Linienverkehr.
Freuen auf eine Fahrt mit den bis zu 140 Stundenkilometern schnellen Zügen dürfen sich vorerst aber nur Reisende im Elbe-Weser-Netz der evb. Im Auftrag der LNVG werden die Coradia iLint auf einer knapp 100 Kilometer langen Strecke zwi-schen Cuxhaven, Bremerhaven, Bremervörde und Buxtehude unterwegs sein und die bisherigen Dieseltriebwagen ersetzen. Betankt werden die neuen Züge mit Hilfe einer mobilen Tank-stelle. Aus einem neben den Gleisen im Bahnhof Bremervörde stehenden Stahl-Container wird Wasserstoff in die Züge gepumpt. Dank einer Reichweite von 1.000 Kilometern können sie mit nur einer Füllung einen ganzen Tag lang fahren. Pläne für eine ortsfeste Wasserstoff-Tankstelle auf dem Betriebsgelände der evb gibt es bereits. Sie soll 2021 in Betrieb gehen, wenn Alstom weitere 14 Wasserstoffzüge an die LNVG ausliefert.
„Dies ist ein bedeutender Tag für Alstom und für die Zukunft der Mobilität. Der weltweit erste Wasserstoff-Brennstoffzellenzug nimmt den regulären Fahrgastbetrieb auf und ist somit serienreif“, betonte Henri Poupart-Lafarge, Präsident und CEO von Alstom. Der Coradia iLint läute eine neue Ära im emissionsfreien Bahnverkehr ein. Als Innovation aus deutsch-französischem Teamwork stehe er für „erfolgreiche grenzüberschreitende Zusammenarbeit.“
Niedersachsens Wirtschafts- und Verkehrsminister Bernd Althusmann, dessen Ressort den Kauf von weiteren 14 Wasserstoffzügen durch die LNVG mit über 81 Millionen Euro unterstützt: „Zusammen mit Alstom und der evb leistet das Land mit dem Probebetrieb echte Pionierarbeit im Nahverkehr. Die emissionsfreie Antriebstechnologie des Coradia iLint bietet eine klimafreundliche Alternative zu konventionellen Dieselzügen, gerade auf nichtelektrifizierten Strecken.“ „Wenn es gelinge, die Einsatztauglichkeit der Brennstoffzellentechnologie im täglichen Betrieb nachzuweisen, „werden wir die Weichen dafür stellen, dass der Schienenverkehr in Zukunft weitestgehend klimafreundlich und emissionsfrei betrieben werden kann“.
Der Bund hat Fördergelder aus dem Nationalen Innovationsprogramm für Wasserstoff und Brennstoffzellen-Technologie bereitgestellt. Enak Ferlemann, Beauftragter der Bundesregierung für den Schienenverkehr, bringt es auf den Punkt: „Wir schicken den ersten Personenzug mit Brennstoffzellentechnologie auf das Gleis. Das ist ein starkes Zeichen für die Mobilität der Zukunft. Wasserstoff ist eine echte Alternative zum Diesel. Insbesondere auf Nebenstrecken, können diese Züge sauber und umweltfreundlich unterwegs sein.“ Der Bund fördere diese Technologie, „auch um sie weiter in die Fläche zu bringen“.
Für LNVG-Chefin Carmen Schwabl, deren Gesellschaft den Schienenpersonennahverkehr zwischen Nordsee und Harz organisiert, ist der Einstieg in die Brennstoffzellen-Technologie auch eine strategische Entscheidung. Sie sieht die LNVG bundesweit in einer Vorreiterrolle: „Mit den zwei Coradia iLint wie auch mit dem Einsatz von 14 weiteren Wasserstoffzügen ab Ende 2021 sind wir in Deutschland der erste Aufgabenträger, der vorhandene Dieselfahrzeuge durch emissionsfreie Fahrzeuge ersetzt.“ Die mit dem Projekt gewonnenen Erfahrungen helfen, auf Dauer eine nachhaltige und praktikable Lösung zu finden.
Tag der offenen Tür im Werksmuseum
Das Werksmuseum bei Alstom öffnet am Samstag, 22. September, von 11 bis 17 Uhr die Tore. Die Ursprünge des Standorts, der heute zum französischen Alstom-Konzern gehört, gehen bis zum Jahr 1893 zurück, als Gottfried Linke mit seinem Unternehmen „Wagenbauanstalt Gottfried Linke“ (LHB) in Breslau seinen ersten Auftrag für den Bau von 100 offenen Güterwagen erhielt.
Zu sehen sind mehrere Ausstellungsstücke der Eisenbahngeschichte. Ein besonderes Highlight ist dabei der Hofsalonwagen 2a der Kaiserin Auguste Victoria (1858 – 1921). Er ist der am besten erhaltene von den heute noch fünf existierenden Hofsalonwagen. Auch Freunde der Dampfloks und der Geschichte der Straßenbahnen kommen hier auf ihre Kosten.
Die Betreuung des Museums liegt in den Händen ehrenamtlicher ehemaliger Mitarbeiter des Betriebs. Zum Tag der offenen Tür heute stehen die zahlreichen Helfer für alle Fragen zu den Exponaten vor Ort zur Verfügung. Zum Rahmenprogramm gehört ein kulinarisches Angebot mit Unterstützung des Lions Club Braunschweig „Die Leoniden“. Getränke werden ebenfalls ausgeschenkt. Der Erlös geht als Spende an ein gemeinnütziges Projekt in der Region.
Anreisende Besucher finden Stellflächen auf dem Alstom-Parkplatz in der Nähe des Museumsgebäudes. Den Weg zum Eingang weisen Helfer vor Ort. Ein barrierefreier Zugang auch für Rollstuhlfahrer ist gewährleistet, eine behindertengerechte Toilette ist vorhanden.