In Salzgitter werden noch Engel gesucht
SZ-Lebenstedt. Die Idee ist da, das Konzept auch und sogar das Geld. Doch das Wichtigste fehlt noch: die Menschen. Senioren mit Perspektive, kurz Sempers, nennt sich der Verein, der sich den Herausforderungen einer alternden und vereinsamenden Gesellschaft stellt und nun auch in Salzgitter aktiv werden will.
Für das Quartier rund um den Schölkegraben läuft die Suche nach sogenannten Sempers-Engeln. Das sind Ehrenamtliche, die einmal pro Woche für eine Stunde einen älteren Bewohner in seiner Wohnung besuchen, um mit ihm Zeit zu verbringen. Doch es fehlt auch noch am anderen Ende: Denn damit die Arbeit des Vereins auch Sinn macht, müssen sich einsame Senioren melden, die sich einen regelmäßigen Besuch wünschen.
„Menschen vereinsamen in ihren Wohnungen, die Familienstrukturen funktionieren nicht mehr so wie früher“, sagt Günter Ott, Sprecher der TAG Wohnen, die das Projekt unterstützt. Nach seinen Worten sind rund um den Schölkegraben gut 700 Senioren zuhause, die 65 Jahre oder älter sind. Der Nachbarschaft und auch Besuchsdiensten kommt eine immer größere Bedeutung zu, findet Günter Ott.
Wer sich in dem Einsatzgebiet über ein wenig Abwechslung freuen könnte, das weiß das Ambulant-Betreute-Wohnen (ABW) der Diakonie Himmelstür, das die Kontakte vermittelt. Die Einrichtung hilft vielen einsamen Senioren in allen Lebenslagen.
Zielgruppe des Programms sind die älteren Menschen im Quartier, die vereinsamen, die ohne Kinder oder Enkel sind. Manche gehen nicht einmal mehr vor die Tür. „An diesem Punkt unterstützen die ehrenamtlichen Helfer und leisten Qualitätsarbeit. Sie bringen den einsamen Menschen wenn auch nur kurz, ins aktive Leben zurück. Sie hören zu, gehen mit ihnen spazieren oder machen Musik miteinander“, beschreibt Projekt-Koordinator Jörg Maushake die Idee. Die Sempers-Engel sind dann da, wenn sonst niemand mehr da ist.
In Salzgitter unterstützen die Beratungsstelle Soziales Netzwerk Salzgitter (SNSZ) und das Freiwilligenzentrum das Projekt, es gibt eine Kooperation. Damit stehen Sempers gut etablierte Netzwerkstrukturen zur Verfügung, so Monika Jüntschke, Vorsitzende des Freiwilligenzentrums. Wer sich als Engel beteiligen möchte oder sich einen Besuch wünscht, kann sich im Büro im City-Tor im Fischzug 2, montags, dienstags und donnerstags von 10 bis 12 Uhr und von 15 bis 17 Uhr beraten lassen und anmelden.
Finanziert ist das Projekt vor allem dank der Deutschen Fernsehlotterie, die etwa 37.000 Euro beisteuert. Insgesamt steht dem Verein für drei Jahre ein Budget von 50.000 Euro zur Verfügung. „Wenn sich das Projekt etabliert, werden sich weitere Förderer finden, die es auch über die Zeit hinaus am Leben halten“, glaubt Günter Ott.
Ursachen und Folgen der Einsamkeit
„Einsamkeit tötet.“ Das hat die amerikanische Wissenschaftlerin Julianne Holt-Lunstad von der Brigham Young in ihren Studien festgestellt. Zehn bis 15 Prozent der Menschen aller Alters- und Sozialschichten sind von chronischer Einsamkeit betroffen. In einem 40-minütigen Referat wird Jörg Maushake von „Senioren mit Perspektive“ am Mittwoch, 20. November, um 16 Uhr in den Räumen der Fabi (Saldersche Str. 3) über Ursachen, Folgen und mögliche Wege aus der sozialen Isolation sprechen. Die Veranstaltung ist kostenlos – eine Anmeldung nicht nötig. Informationen zum Vortrag gibt es Freiwilligenzentrum Salzgitters unter Telefon (05341) 9104791.