Salzgitters Doppelhaushalt geht auf die Reise
Salzgitter. Genau genommen hat Salzgitters erster Doppelhaushalt keine Mehrheit bekommen, beschlossen ist er dennoch. Mit 19 Stimmen dafür, vier dagegen und 20 Enthaltungen schickt der Rat den Etat für 2019 und 2020 auf die Reise. Und allen Sparversuchen zum Trotz, erhöhen sich die Verbindlichkeiten der Stadt um voraussichtlich 55,6 Millionen Euro in den nächsten beiden Jahren.
Der Spaß hielt sich in Grenzen, als sich die Sprecher der sechs Fraktionen zum Doppelhaushalt äußerten. Die Ratspolitiker wollen gerne gestalten, doch in erster Linie ging es in den vergangenen Wochen darum, jeden Euro mehrfach umzudrehen und sich zu verständigen, an welchen Stellen die Stadt Ausgaben streichen und Einnahmen erhöhen kann.
„Wir sind am Arsch“, entfuhr es denn auch Marcel Bürger, der sich im Namen von Bündnis 90/Die Grünen vor allem über die wenige Zeit beklagte, die den ehrenamtlichen Politikern blieb, um sich das Zahlenwerk anzusehen, miteinander und mit den anderen Parteien darüber zu beraten. Nur eineinhalb Monate waren es, eine grundlegende Debatte war nicht möglich. Marcel Bürger wetterte derart über den Zustand, dass es einen wunderte, dass die Mitglieder seiner Fraktion dem Etat zustimmten.
So weit ging die SPD nicht. Sie enthielt sich der Stimme – in erster Linie um die guten Sachen im Haushalt nicht in Gefahr zu bringen, so Fraktionsvorsitzender Ulrich Leidecker. Er lobte zwar das respektvolle Miteinander in den Beratungen, doch er machte keinen glücklichen Eindruck. Denn der SPD-Wunsch, den Haushalt mit Verwaltung und Politik grundsätzlich zu diskutieren, um die haushaltstechnische Leistungsfähigkeit Salzgitters auf Dauer zu erhalten, fand keine Mehrheit.
Vor allem die CDU-Fraktion sah dazu keinen Anlass. Ihr Fraktionssprecher Thomas Huppertz war voll des Lobes für den Entwurf, den sein Parteifreund Oberbürgermeister Frank Klingebiel dem Rat vorgelegt hatte. Er sprach von einem „Zeugnis gewissenhafter Überlegungen, gründlicher rechtlicher Prüfungen, gesetzlicher Notwendigkeiten und kluger Entscheidungen für eine gesamtstädtische Weiterentwicklung Salzgitters“. Die SPD griff er hingegen an für ihre Entscheidung, sich zu enthalten. Thomas Huppertz: „Das ist Meckern ohne Verantwortung.“
Die FDP dankte wie die anderen Parteien der Finanzverwaltung für die Arbeit, wunderte sich aber über den „überraschenden“ Einbruch bei den Gewerbesteuern. Fraktionsvorsitzender Andreas Böhmken forderte vorsichtige Prognosen und appellierte die Politiker zu mutigen Entscheidungen. Dazu zählt er, geplante Investionen zu hinterfragen und frühere Entscheidungen der Entwicklung anzupassen.
Für die Fraktion Die Linke , die alleine 14 Änderungseianträge eingereit hatte, äußerte sich Sprecher Hermann Fleischer zur „dramatischen“ Situation der Stadt, die wie viele andere Kommunen unterfinanziert sei. Er unterstützte die geplanten Steuererhöungen, um die zahlreichen dringenden Aufgaben in Salzgitter zu finanzieren.
Genau an dem Punkt schieden sich die Geister im Rat. Den vier MBS-Ratsherren, die alle den Doppelhaushalt ablehnten, stößt vor allem die Erhöhung der Gewerbesteuer und der Grundsteuern sauer auf. Fraktionsvorsitzender Stefan Roßmann warnte vor einem falschen Signal. „Die MBS ist seit der Gründung 1996 gegen Gebühren- und Steuererhöhungen.“
Dafür kam der Antrag zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge im Jahr 2021 durch. Das fehlende Geld will die Stadt unter anderem reinholen, in dem sie dann auf den Kleingartenfonds verzichtet und eine Zweitwohnsitzsteuer einführt.