So führte der Luftschutz die Bomberpiloten über Salzgitter in die Irre
Die Geschichtsschreibung in Salzgitter ist um gut 150 Seiten reicher. Bunkerexperte Ulrich Oertel hat einen neuen Band fertig gestellt. Unter dem Titel „Täuschen, tarnen und vernebeln“ widmet er sich den Bemühungen der Nationalsozialisten, im Krieg die Bomberpiloten der Alliierten in die Irre zu führen.
Im Dickicht in Barum findet sich unter einem Hügel ein Stück Stadtgeschichte. Wie ein umgestülpter Schiffsrumpf wölbt sich der gesprengte und überwucherte „Salzgitter-Bunker“ in die Höhe. Zwischen die dicken Betonwände, die im Zweiten Weltkrieg einmal viele hundert Menschen vor den Bomben schützen sollten, zieht nach und nach die Natur ein.
Der Bunker, der im Zuge des Luftschutz-Führerprogramms 1940 entstand, ist eine von gut 300 Anlagen im Stadtgebiet. Oertel kennt sie alle. Sein Interesse reicht bis in die Jugend zurück. Mit 13 Jahren lernte er auf einer Wanderung mit seinem Onkel die Luftschutzanlagen im „Lager 21“ im Hallendorfer Holz kennen. Das Thema faszinierte ihn, auch wenn er sich erst als Erwachsener intensiverdamit beschäftigte.
„Ich bin da so reingerutscht“, sagt der 55-jährige Salzgitteraner. 1995 fing er an, den Bestand zu erfassen, forschte fünf Jahre lang in den Ortsteilen und auf dem Gebiet der Salzgitter AG. Auch wenn er sich nur als Freizeithistoriker sieht, arbeitet er streng nach wissenschaftlichen Kriterien, er recherchiert in Archiven, spricht mit Zeitzeugen, verweist auf Quellen und Literatur.
Mittlerweile hat er seine vierte Veröffentlichung fertig. Es geht um Tarnung, Vernebelung und Scheinanlagen. Oertel: „Das wurde in der Geschichtsschreibung kaum beachtet.“ Seine sei die erste Publikation, die die Teilbereiche zusammenfasst.
Ihn hatte übrigens das Foto einer Kanalüberspannung fasziniert und auf das Thema gebracht. Um den Bomberpiloten möglichst jede Orientierung zu nehmen, wurden nicht nur Hallendächer grün gestrichen oder Eisenbahnschienen durch Rauch vernebelt. Auf 1,6 Kilometern Länge war der Kanal am Abzweig Salzgitter mit Netzen verhängt, damit die Flieger die am Wasser liegenden Stahlwerke nicht finden.
Oertel stellt in dem Band viele Täuschungsgeräte vor, er beschreibt die Tarn- und Schein-anlagen im Stadtgebiet oder auch Pläne zur Vernebelung. Die Quellenlage war schwierig. So brauchte er bei seinen Nachforschungen auch etwas Glück. Wie er im Vorwort verrät, kamen ihm öfter „Zufälligkeiten und überraschende Funde in den Archiven“ zu Hilfe.
rwe