Was kann Salzgitter bei der Pflege von Dänemark lernen?
Salzgitter. Kann Niedersachsen von den staatlichen Pflegesystemen in Dänemark und Schweden lernen? Dieser Frage ging jetzt eine hochkarätig besetzte Delegation u. a. mit Sozialministerin Cornelia Rundt (SPD), Landespolitikern und Niedersachsens Städtetags-Präsident Frank Klingebiel (Salzgitter) in Kopenhagen, Sonderborg, Egersund und Malmö nach.
Städte und Gemeinden in Dänemark entscheiden über Pflegebedarf und -ausgaben. Im Gegensatz zu Deutschland sichern Dänemark und Schweden das Pflegerisiko ihrer Bevölkerung über steuerfinanzierte Vollkasko-Versicherungen ab – statt über eine beitragsfinanzierte Teilkasko-Pflegeversicherung. Die Steuerzahler finanzieren dort auch die komplette Krankenversorgung.
In allen 98 dänischen Kommunen gibt es einen „Klärungsrat“, der den Pflegebedarf von Hilfsbedürftigen beurteilt. Laut Servicegesetz entscheidet dann jeder Gemeinderat, welche Leistungen Bedürftige dann erhalten und wie viel Geld für ihre Pflege ausgegeben wird. In kommunaler Hand sind dort auch fast alle Pflegeeinrichtungen.
„Das führt im Einzelfall dazu, dass Pflegebedürftige in sparsamen Kommunen weniger versorgt werden“, kommentierte die Heim- und Pflegedienstbetreiberin Petra Drude das Gesehene und Gehörte.
Wettbewerb habe nun auch im staatlichen dänischen Pflegesystem Einzug gehalten, fiel dem Präsidenten des Niedersächsischen Städtetages, Frank Klingebiel, auf. Der Oberbürgermeister der Stadt Salzgitter: „Seit Neuestem regelt dort ein Landesgesetz, dass die Kommunen ihre Pflegedienstleistungen auch öffentlich ausschreiben müssen und sich auch ihre Leistungsabteilungen dem Wettbewerb zu stellen haben.“
Positiv bewerteten die Niedersachsen die sehr frühzeitige Begleitung hilfsbedürftiger Familien in dänischen Städten und Gemeinden. Schon in Grundschulen prüfen Sozialarbeiter und Lehrkräfte, ob die Kinder in einem intakten familiären Umfeld leben oder ob deren Eltern Unterstützung benötigen.
„Außerdem haben die Prävention von Krankheiten sowie die Rehabilitation vor Pflege in Dänemark einen höheren Stellenwert als hier zu Lande“, berichtet Petra Drude, die in Vienenburg einen Pflegedienst und ein Heim betreibt. Bewusst achten die Kommunen dort auf die Qualität der Versorgung von älteren Menschen. Selbst den Hausnotruf für ambulant Pflegebedürftige organisieren sie standardmäßig: Bei Bedarf statten sie die Haus- oder Wohnungstür der Klienten mit einem elektronischen Türöffnungssystem aus. Nur mit einer Scheckkarte, von der auch der Pflegebedürftige ein Exemplar erhält, kommen Rettungskräfte dann bei Notfällen in dessen Wohnung.
Dennoch bezweifelten insbesondere Vertreterinnen der privaten Pflege in Niedersachsen, ob der Staat wirklich alles für Pflegebedürftige regeln sollte.