FBI-Akten sollen Winterkorn belasten
In Bedrängnis: Ex-VW-Chef Martin Winterkorn hat einem Medienbericht zufolge mindestens zwei Monate vor Bekanntwerden des Diesel-Skandals von den Manipulationen erfahren.

FBI-Akten sollen Winterkorn belasten

Wolfsburg. Der frühere VW-Chef Martin Winterkorn hat nach einem Bericht der „Bild am Sonntag“ mindestens zwei Monate vor Bekanntwerden des Diesel-Skandals von den Manipulationen erfahren. Ein VW-Abgasspezialist habe Winterkorn und VW-Markenchef Herbert Diess am 27. Juli 2015 ausführlich die Betrugssoftware erklärt, mit der weltweit etwa elf Millionen Fahrzeuge manipuliert wurden, schrieb die Zeitung.
„Ich hatte nicht das Gefühl, dass Winterkorn zum ersten Mal davon gehört hat“, zitiert die „BamS“ den Experten und heutigen Kronzeugen. Das Blatt beruft sich auf „Hunderte Zeugenbefragungen, FBI-Berichte, interne E-Mails und geheime Präsentationen“. Volkswagen erklärte dazu: „Vor dem Hintergrund laufender Ermittlungen äußern wir uns zu den genannten Sachverhalten inhaltlich nicht.“ Nach Konzernangaben hat die VW-Führungsspitze um den damaligen Konzernchef Winterkorn nur wenige Tage vor Bekanntwerden des Skandals in den USA detailliert von den Manipulationen erfahren. Gegen Winterkorn sowie gegen den heutigen VW-Vorstandsvorsitzenden Matthias Müller, den VW-Aufsichtsratschef und ehemaligen Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch sowie Diess laufen in Deutschland bereits Ermittlungen wegen des Verdachts der Marktmanipulation. Sie sollen den Kapitalmarkt entgegen der Vorschriften nicht rechtzeitig über die Probleme informiert haben. Außerdem ermittelt die Staatsanwaltschaft Braunschweig gegen fast 40 Beschuldigte wegen Betrugsverdachts, auch gegen Winterkorn.
Die kalifornische Umweltbehörde CARB war dem Bericht zufolge seit Februar 2015 von einem „Defeat Device“ ausgegangen und hatte sich mehrfach mit VW-Vertretern getroffen. „Jetzt haben wir Ärger. Sie haben uns erwischt“, habe ein VW-Manager nach einem Treffen mit der Behörde am 8. Juli 2015 kommentiert, berichtet das Blatt unter Berufung auf US-Akten. „Winterkorn hat niemanden angewiesen, die Existenz der Software preiszugeben. Und nur Winterkorn konnte diese Entscheidung treffen“, zitiert die Zeitung den Kronzeugen. Vielmehr habe der damalige VW-Chef nur genehmigt, das Problem bei Gesprächen mit den US-Behörden „teilweise“ offenzulegen. Wie der Kronzeuge nach „BamS“-Informationen sagte, erklärte er selbst schließlich in einem Treffen mit CARB-Vertretern am 19. August 2015 den Betrug.
Wie die „BamS“ weiter schreibt, sei Winterkorn, Diess und dem damaligen Entwicklungschef Heinz-Jakob Neußer in einer Sitzung am 25. August 2015 vorgerechnet worden, dass der Skandal den Autobauer allein in den USA bis zu 18,5 Milliarden Dollar kosten könne.
Der Spezialist wurde nach eigenen Worten 2007 von seinem Vorgesetzten gezwungen, die Betrugssoftware in die erste VW-Dieselgeneration in den USA einzubauen, um seine Karriere nicht zu gefährden. Ähnlich äußerte sich demnach ein weiterer Zeuge, der ehemalige Leiter der Dieselentwicklung. Die Software sollte helfen, die strengen US-Abgasgrenzwerte einzuhalten.