Förster schlagen Alarm: Nicht nur die Fichte ist die große Verliererin
Gifhorn/Wolfsburg. Noch so ein Jahr wie 2018? „Das mag ich mir nicht ausmalen“, sagt Eckard Klasen. Der Leiter des Forstamts Südostheide in Gifhorn guckt sorgenvoll auf die vergangenen Jahre zurück und auf die Zukunft. Die vorigen vier Jahre seien alles Wärme-Rekordjahre gewesen. Und 2018 eine echte Zäsur für die Forstwirtschaft.
Man habe gedacht, der Klimawandel komme schleichend, so Klasen. Doch jetzt gehe es Schlag auf Schlag mit den Folgen. Besonders deutlich sei das an der Fichte abzulesen, der eindeutigen Verliererin. „Da verlieren Betriebe ihre kompletten Fichten. Die eine Hälfte ist vom Sturm umgefallen, die andere holt sich der Borkenkäfer.“
50 Hektar Fichte werden sich im Norden des Kreises Peine bis Jahresende verabschieden, sagt Frank Gärtner vom Forstamt Südniedersachsen. „Die Käfer haben volle Durchschlagskraft.“ Eine gesunde Fichte ertränke drei von vier Käfern im Baumharz. Zurzeit kämen alle vier durch.
Der Anteil der Fichte im Kreis Gifhorn sei mit sieben Prozent nicht sehr hoch, werde sich aber weiter verringern, prognostiziert Klasen. Um mehrere Hundert Hektar. „Wir versuchen eine Menge zu machen.“ Den Borkenkäfer mit Lockfallen ausschalten, betroffenes Holz schnell aus dem Wald schaffen: ein immenser Aufwand. „Mit unserem Personalbestand ist das nicht zu schaffen.“ Drei Generationen Borkenkäfer seien 2018 ausgeschwärmt – die Bedingungen waren einfach zu gut.
Die Fichte, was soll’s, mag man sich in der Heide denken. Doch auch die für die Region typische Trockenspezialistin Kiefer kommt laut Klasen an ihre Grenzen. Das hat sogar mit Hagelschäden von vor einigen Jahren zu tun. Die Körner hätten nicht nur Autos eingedellt, sondern auch den Kiefern Wunden zugefügt, in die sich bald darauf Pilze einnisten konnten. Durch den Trockenstress hätten die Kiefern so viel Kraft verloren, dass sie den Pilzen nichts mehr entgegen zu setzen hätten.
Käfer und Pilze sind das Eine, Orkanschäden das Andere. Gärtner war im August 2018 bei Wehnsen gerade fertig, die Sturmschäden der Saison 2017/18 aufzuräumen, da fegte ein Tornado 75 bis 100 Hektar Bäume nieder. „Auf einmal lagen da 15 000 bis 20 000 Festmeter.“
„Ich weiß gar nicht, was ich noch aufforsten soll“, sagt Gärtner. Was wachse auf den trockenen Böden an? „Selbst ältere Kulturen fangen an zu vertrocknen.“ Klasen sieht bei der Neuausrichtung „etwas in Gang gekommen“. Wie sieht der Wald in der Region 2118 aus? „Der Anteil der Wärme liebenden Baumarten wird zunehmen.“ Esskastanie, amerikanische Roteiche, Weißtanne und amerikanische Küstentanne, vielleicht auch die serbische Schwarzkiefer: „Ich muss auf mehrere Baumarten setzen.“ Keine einfache Entscheidung für die Förster. Denn die treffen sie für Generationen.