Zivilcourage in Wolfsburg: Nicht wegschauen!
Wolfsburg. Kaum etwas beschäftigt Menschen in diesen Tagen mehr als das Thema Zivilcourage, seit die 22-jährige Tugce A. aus Offenbach mit ihrem Leben dafür bezahlte, dass sie sich einmischte, als ein junger Mann zwei Mädchen auf einer Imbiss-Toilette bedrängte.
Glimpflich hingegen kamen Christian Fröhlich (21) und Kirill Risto am Wochenende davon, die einem 54-jährigen Polizisten – in zivil unterwegs – während einer gewaltsamen Auseinandersetzung in Wolfsburg zur Hilfe eilten. Sie griffen beherzt ein, als zwei junge Täter den Polizisten mehrfach schlugen. Beide halfen dem Verletzten und hielten die Täter solange fest, bis drei Streifenwagen eintrafen.
Wie weit sollte man gehen?
Viele fühlen sich betroffen und wollen helfen, wenn andere belästigt, beraubt oder bedroht werden. Allerdings stellt sich die Frage: Wie weit sollte man gehen? Fakt ist: Es gibt kein Patentrezept für Zivilcourage, allerdings sollte auch niemand leichtfertig den Helden spielen. Stattdessen gilt: Einmischen, ohne sich dabei selbst in Gefahr zu bringen, statt wegschauen. „Wir wollen auf gar keinen Fall, dass die Leute eingreifen“, macht Sven-Marco Claus, Pressesprecher der Wolfsburger Polizei, deutlich. Schließlich gehe von einer Straftat immer eine besondere Gefahr aus. „Eine Extremsituation könnte eskalieren und man würde riskieren, selbst verletzt zu werden“, so Claus. Vielmehr empfiehlt die Polizei, umgehend einen Notruf zu tätigen und sich Dinge genau einzuprägen, um später genaue Zeugenaussagen machen zu können. „Außerdem sollte man sich immer Unterstützung holen, in dem man laut und deutlich an umstehende Personen appelliert, denn in einer starken Gemeinschaft kann man weitaus mehr erreichen“, weiß der Polizeisprecher.
Praktische Regeln der Polizei
1. Helfen, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen: Gefordert ist kein Heldentum. Es gibt Situationen, in denen die Täter offensichtlich stärker und zu jeder Art von Gewalt bereit sind. Manchmal reicht es bereits, das Handy zu benutzen und Hilfe zu holen. Achten Sie auf räumliche Distanz zum Täter und sprechen Sie das Opfer an. Vermeiden Sie auch, den Täter zu provozieren oder sich provozieren zu lassen.
2. Andere aktiv und direkt zur Mithilfe auffordern: Reagieren Sie und machen Sie andere gezielt auf das Verbrechen aufmerksam. Appellieren Sie laut und deutlich an die umstehenden Personen. Wenden Sie sich an das Personal in öffentlichen Verkehrsmitteln. Eine starke Gemeinschaft kann helfen.
3. Täter-Merkmale merken und einprägen: Oft sind es vermeintliche Nebensächlichkeiten, die am Ende den Ausschlag geben, dass ein Verbrechen aufgeklärt und der Täter überführt werden kann. Dabei ist die Polizei auf Unterstützung angewiesen. Melden Sie der Polizei deslhalb alles, was Sie gesehen haben – möglichst detailliert.
4. Hilfe unter Notruf 110 organisieren: Je schneller die Polizei informiert wird, desto besser können die Täter ermittelt werden. Der Notruf 110 ist gebührenfrei. Das Geschehen sollte in wenigen Worten, aber dennoch umfassend, geschildert werden.
5. Um Opfer kümmern: Kümmern Sie sich unverzüglich um verletzte Personen. Alarmieren Sie den Rettungsdienst. Helfen kann jeder, auch wenn Sie es sich im ersten Moment womöglich nicht zutrauen.
6. Als Zeuge zur Verfügung stehen: Sorgen Sie mit Ihrer Aussage dafür, dass Strafttaten aufgeklärt werden. Denn ohne genaue Beschreibung des Täters ist seine Überführung nur sehr schwer möglich.