Wolfsburg: Selbsthilfe für junge Menschen mit Depression
Wolfsburg. Eine Lesung mit dem depressiven Poetry-Slammer Tobi Katze zeigte zuletzt im November, wie groß das Interesse junger Menschen in Wolfsburg am Thema Depression ist – und wie viele von ihnen Hilfe oder Verständnis suchen. Jetzt soll eine neue Selbsthilfegruppe entstehen, Kennenlern-Treffen ist am Dienstag, 13. Dezember, um 17.30 Uhr in der Kontaktstelle des Paritätischen (KISS) in der Saarstraße 10A.
„Wir hatten 40 Gäste erwartet, es kamen aber mehr als Hundert“, berichtet der Sozialpädagoge Axel Pieper von der Lesung. Auch die alte Gruppe, die es schon seit 2002 gibt, wird immer größer – zu groß für den Raum und sinnvolle Gesprächsrunden. Hinzu kommt: Leute im Alter zwischen 50 und 70 interessieren sich für ganz andere Themen als 18 bis 40-Jährige. Deshalb gibt’s einen Neustart.
Axel Pieper wird die Treffen in den ersten Monaten begleiten. „Erfahrungsgemäß sind viele selbst nicht stabil genug, um so eine Gruppe aufzubauen“, sagt er. Später wolle er sich aber zurückziehen, denn der Treffpunkt soll ein Ort sein, an dem der Erfahrungsaustausch im Mittelpunkt steht – über Ärzte, Medikamente, Reaktionen von Angehörigen und Freunden oder auch Auswege aus den wiederkehrenden Krisen.
„Keine Depression ist wie die andere, aber es ist mehr als nur traurig zu sein“, betont Pieper. Wenn dann oft der gut gemeinte Ratschlag kommt, man solle doch einfach mal lachen, sich zusammenreißen, empfänden viele Betroffene es als Zynismus. Und es sei auch keine Lösung, denn die Depression sei ein Zeichen des Körpers: Er diktiere den überforderten oder sich selbst überfordernden Menschen eine Pause. Oft dauere es lange, bis diese sich eingestehen, dass sie krank sind – und dann noch länger, bis ein Therapieplatz frei wird.
Die KISS-Beratung und Gruppen könnten beim Überbrücken helfen, seien aber auch parallel zur wichtigen Behandlung gut, um mit der Situation klarzukommen. „Je frühzeitiger die Depression behandelt wird, umso besser kann man sie therapieren“, sagt Pieper.
Jugendliche seien allerdings meist besser in durchgehend pädagogisch betreuten Gruppen aufgehoben. „Für Selbsthilfe braucht man auch Eigenverantwortung“, so Axel Pieper.