Wolfsburg: Situation in der Pflege führt zu Ängsten
Wolfsburg. Die aktuelle Diskussion über die ambulante Pflege beschäftigt Betroffene in Wolfsburg sehr. „Mitarbeitende werden fast täglich angesprochen, ob sie am nächsten Tag noch kommen“, berichtet Matthias Rump, Pflegedienstleiter bei der Diakonie-Sozialstation Wolfsburg-Mitte. Auch einige Beschäftigte sind verunsichert, seit ein Sprecher ihres Dienstgeberverbands dem NDR gegenüber äußerte, Diakonie und AWO müssten ihre Arbeit einstellen, falls sich die Finanzierung nicht bessert.
121 Mitarbeitende kümmern sich im Auftrag der Diakonie um 480 Klienten in Wolfsburg. Bei der Caritas pflegen 27 Mitarbeitende rund 160 Patienten. Das DRK und private Anbieter kommen hinzu. Vorerst muss niemand fürchten, dass der Pflegedienst ausbleibt. „Die Menschen, die uns brauchen, dürfen auch in dieser Situation nicht zum Spielball werden“, betont Rump. Die „provokative Formulierung“ des Sprechers, man werde die Reißleine ziehen, sei trotzdem wichtig gewesen, um den politischen Diskurs voranzubringen, meint er.
„So geht es nicht weiter!“, betont auch Barbara-Maria Cromberg, Geschäftsführerin der Caritas in Wolfsburg. Seit Jahren ärgern sich gerade die Pflegedienste, die nach Tarif bezahlen, über den Vorwurf der Kostenträger bei den Kassen, sie würden unwirtschaftlich handeln. Genau deshalb hatten Sozialstationen der AWO, Caritas und Diakonie ihre Arbeitsabläufe und Kosten transparent gemacht. Von 87 repräsentativen Betrieben (übrigens auch aus Wolfsburg) schrieben 63 rote Zahlen – fast zwei Drittel. Genau das ist die Basis der Schlichtungsgespräche, die am Donnerstag fortgesetzt wurden. „Es ist eine sachliche Grundlage, um in Verhandlungen über angemessene Preise einzutreten“, sagt Barbara Cromberg.
Aber es gehe nicht nur Geld, betont Diakonie-Leidensgenosse Rump, sondern um „menschliche Pflege“ und um eine elementare Änderung des Systems, das sehr an einzelnen Tätigkeiten orientiert sei. Außerdem gelten in 16 Bundesländern unterschiedliche Abrechnungstabellen für diese Leistungen, Niedersachsen schneidet in mehreren Bereichen schlecht ab.
Rump verknüpft Hoffnung mit Reformen. „Die Entwicklung innerhalb der Pflege finde ich positiv. Ich bin in diesem Bereich seit 25 Jahren tätig und hätte nie gedacht, dass es sich so dynamisiert“, sagt er mit Blick auf – zum Beispiel – das Buurtzoorg-Modell in den Niederlanden. Pflegeforscherin Martina Hasseler von der Ostfalia empfiehlt ein Gemeindeschwestermodell nach Vorbild aus Schweden und Dänemark.