Wolfsburg: Mit Zuversicht zurück ins Leben
Unterwegs um zu helfen: Norbert Meyer will aufmerksam machen und noch mehr Betroffene mit seiner Selbsthilfegruppe unterstützen.

Wolfsburg: Mit Zuversicht zurück ins Leben

Von Marit Kleindienst
Wolfsburg. „Es geht immer irgendwo etwas“: so lautet der Leitsatz, mit dem Norbert Meyer nicht nur für sein eigenes Leben stets wieder Kraft schöpft, sondern mit dem er auch anderen Betroffenen Mut macht und zeigt: keiner ist alleine mit seinem Problem.
„Never give up und jetzt erst recht“ heißt bezeichnenderweise seine Selbsthilfegruppe, in der er gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Anita Boldt anderen Menschen mit Amputationen, körperlichen Behinderungen sowie Rollstuhlfahrern hilft.

Die Bewältigung des Alltags gemeinsam meistern

Mut machen, das ist die eine Sache, den Alltag bewältigen mit all seinen Hürden und Schwierigkeiten, das ist die andere Sache. Der heute 54-Jährige erkrankte 1996 an Krebs. Es folgten viele Klinikaufenthalte, Therapien, etwa 30 Operationen und letzten Endes die Amputation eines Beines. Der Alltag musste neu organisiert werden, nichts war wie vorher. Alltägliches wurde zum Problem. Norbert Meyer weiß, wovon er spricht . Er hat einen schwierigen Weg hinter sich und kann mit seiner Erfahrung, seinem Mut und seinen Ideen anderen weiterhelfen.
Seit einem Jahr gibt es jetzt die Selbsthilfegruppe „Never give up und jetzt erst recht“. Bei den montlichen Treffen geht es darum, Betroffenen und deren Angehörigen zu helfen, sowohl mental als auch praktisch. „Wir sprechen sehr viel mit den Teilnehmern, viele Betroffene haben das Bedürfnis, ihre Sorgen zu teilen, Ängste loszuwerden und persönliche Dinge zu besprechen. Aber es gibt auch einige andere Themen bei unseren Treffen, bei denen Hilfe benötigt wird“, beschreibt es Meyer. Die Bewältigung des Alltages, Schmerzbehandlung oder auch Behördengänge stellten die Betroffenen oftmals vor große Probleme und führten zu Resignation und Rückzug. „Wir geben Hilfestellung. Wie können Wohnungen behindertengerecht umgebaut werden, welche Sozialleistungen stehen einem zu und wo finden Betroffene die richtigen Ansprechpartner – vom guten Physiotherapeuten über Anwälte bis hin zu Ärzten und kompetenten Sanitätshäusern?“
Dabei geht die Selbsthilfegruppe fast über das „normale“ Engagement hinaus. Neben den Gesprächen und gegenseitigen Hilfestellungen engagiert sich Meyer auf seine ganz eigene liebenswerte Art. Da wird auch schonmal geklettert, ein Film mit dem Fernsehsender RTL gedreht oder eine neue Prothese ausprobiert. Kürzlich war Meyer im Harz um Hotels zu testen. Auch barrierefreier Urlaub ist eines der Themen, die in der Gruppe Thema sind.
Das sei aber noch nicht alles, was die Selbsthilfegruppe ausmache. Hier sei eine nette Gemeinschaft entstanden. Ein gemeinsames Frühstück, ein Grillnachmittag und jederzeit die Möglichkeit, einander zu kontaktieren schweiße die Betroffenen zusammen. So kommen monatlich viele Teilnehmer in die Saarstraße. Aber nicht alle: „Wir wissen, dass es eine große Zahl an Erkrankten gibt, die sich gar nicht in die Öffentlichkeit trauen“, erzählt Anita Boldt. Sie leiden an Ängsten oder Depressionen – manchmal so stark, dass sie sich nicht alleine aus dem Haus trauen.“
Darüber hinaus gebe es Hilfesuchende, die nicht die Möglichkeit haben zu kommen, zum Beispiel, weil sie zu weit weg wohnen. Auch für diese Menschen fühlen sich Meyer und Boldt zuständig. „Hausbesuche, Kontakt per Telefon oder Internet gehören für uns genauso dazu wie die Teilnahme an den Treffen. Wir freuen uns über jeden, dem wir helfen können“, so Boldt.
Mit der richtigen Hilfe
zurück ins Leben

Anderen helfen, das ist gleichzeitig Therapie für Norbert Meyer. Der Wolfsburger lebt für die Selbsthilfegruppe. Wir sprechen die Leute auch einfach an. Ob im Supermarkt, auf der Straße oder im Park: Gleiches Schicksal verbindet. Und manchmal bräuchten die Betroffenen den berühmten Schubs, um Hilfe anzunehmen. „Wir leben für unsere Gruppe und wenn wir am Ende eines Treffens feststellen, dass wir helfen konnten, dass wir Sorgen gemildert haben oder Lebensmut gestärkt haben, dann wissen wir wieder, wofür wir das alles machen“, erklärt Meyer, der von Natur aus ein Kämpfer ist. Doch auch er hat nicht immer diese Kraft und diese Lebensfreude, mit der er andere ansteckt. „Es gibt Tage, die sind schwer“, gibt er zu. Aber die dürften und die müssten auch sein, so der 54-Jährige. Nur beherrschen dürfen sie einen nicht. „Mit der Familie im Rücken, dem richtigen Therapeuten, einem Techniker, der sein Fach versteht – und der richtigen Frau an der Seite, sei alles zu schaffen. „Sind die Grundlagen gelegt und greift ein Zahnrad ins andere, schafft man es immer wieder, dass man zurück ins Leben kommt!“
Die große Teilnahme an den Treffen, eine positive Rückmeldung in der Öffentlichkeit und mehr als 50.000 Klicks auf seine Homepage (www.never-give-up-und-jetzt-erst-recht.de) haben ihm gezeigt, dass er auf dem richtigen Weg ist und dass er gebraucht wird! So eröffnete er am 11. Juni eine zweite Selbsthilfegruppe in den Räumlichkeiten der AOK Helmstedt, . „Und wir machen noch weiter“, so Meyer. „Denn wir werden gebraucht. Im Sinne von Never give up!“

❱❱ „Die Treffen der Selbsthilfegruppe „Never give up und jetzt erst recht“ finden von 18 bis 19.30 Uhr in den Räumlichkeiten von KISS in der Saarstraße 10a in Wolfsburg statt sowie in der AOK Helmstedt, Harslebertorstraße 15. Die Treffen richten sich auch an Betroffene aus umliegenden Orten, wie zum Beispiel Gifhorn. Weitere Infos im Internet oder unter Tel. 05361-7003868.